Sonntag, 10.06.2012 :: Sonntag, 10.06.2012, 22:05:36 :: Seljord Hotell, Seljord
Den heutigen Tag hat es nie gegeben
Das wäre mein Wunsch. Denn heute im Laufe des Tages hat mich die Realität bezwungen. Ich war gewarnt. Von allein Seiten kam »Norwegen ist teuer«. Und ich dachte, ich würde ein Schlupfloch finden. Aber nachdem es absehbar weiter regnen wird, ist das Zelt keine Alternative. Wobei selbst ein Zeltplatz – aber vielleicht doch der Reihe nach.
Unser Hotel in Kristiansand, über dessen Suche letzte Nacht noch zu berichten sein wird, kostete rund 160 €.
Qualität allenfalls **; Handtücher fehlten, das zweite Bett war nicht überzogen. Lediglich das Frühstück war einsame Spitze – bis auf die Tatsache, dass das Personal nicht merkte, dass man ohne Teller schlecht essen kann.
Nun gut. Wir fuhren zunächst durch die verregnete Stadt, die nun gar keinen einladenden Charakter hat, als Willkommenstor für ein Land, dem es angeblich so gut geht, völlig ungeeignet. Die grölende Jugend in der Nacht zuvor mal ganz weggelassen; davon ein anderes mal. Der einzige Geldautomat, den man uns nennen konnte und den alleine wir auch fanden, war out of service. Trostlos.
So fuhren wir eben ohne Bargeld los. Als wir unterwegs endlich eine Restaurant (ein recht nobles) fanden, mussten wir zunächst am Tresen bestellen und bezahlen – die Summe hat uns umgehauen: für einen kleinen Snack und 2 Cappuccino… lassen wir’s. Service, Freundlichkeit? Lassen wir’s. Interessehalber fragten wir nach den Zimmerpreisen: Höher als in Kristiansand. Und je weiter wir nach Norden kamen umso weiter stiegen auch die Preise. Das alarmierte mich.
Norwegen genügt sich selbst
Und ich habe Verständnis dafür. Wenn die Relationen innerhalb eines geschlossenen Systems stimmen, dann ist das ok., aber für uns Touristen sind die Preise in der Tat unannehm- und bezahlbar. Und ich will auch kein Überlebenstraining absolvieren in nassen Klamotten im nassen Zelt, ich möchte die Reise geniessen. Und ich möchte das Gefühl haben, im Land willkommen zu sein. Das ist auch nicht der Fall. Ich kann und will nicht 2, 3 Wochen lang jeden Tag 200 € für eine Unterkunft und einen Snack hinlegen. Und nebenbei: Die Hüttchen auf den Campingplätzen sind nur unwesentlich billiger… Das Ambiente aber nicht mein Fall. Nicht umsonst fahren Massen von Campingfahrzeugen durch die Gegend, mehr als ich je sonst unterwegs sah in Europa. Die Kiste zuhause bei ALDI vollgepackt für 2 Wochen, das könnte gehen, wenn man das mag. Ich mag es nicht.
Gut, so ist es eben. Wir »fliehen« also nach Osten, verlassen die violette Route, nach Schweden, wo wir morgen weiter sehen.
Um aber dem Land die Ehre zu geben…
…sei gesagt, dass das Wenige, was wir heute so mal eben trotz andauernden bzw. selbst bei Sonnenschein einsetzenden Regens an Natur gesehen haben, umwerfend schön und beeindruckend war, wert, intensiv und lange genossen zu werden. Und so wird es lange dauern, den Verlust zu verschmerzen,…
die Fjorde und Inseln nicht gesehen zu haben, die Mittsommersonne nicht erlebt zu haben. Ja, ich gebe es zu: Ich bin traurig. Aber vielleicht hat der Wettergott ja noch ein Einsehen und wir landen am Ende doch noch nördlich des Wendekreises – in Schweden oder Finnland.
Und wenigstens hat das Hotelchen Stil, in dem wir zum Horrorpreis untergekommen sind. Aber Anmut in altem Holz reicht eben nicht…
Tagesleistung, Tracks & Links:
- 2012-06-10;336;05:49;01:59;102;65.1;46.9;Kristiansand-Seljord
- Track
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@niels: Nein, ich denke, das passiert, wenn ein geschlossenes System sich selbst genügen kann. Es ist normal und damit zu akzeptieren. Der Rest Europas sollte sich Gedanken machen…
… dein freimütiger Bericht, Reinard, hat mich am meisten berührt. Den meisten Reisenden fehlt der Mut, sich einzugestehen, dass sie über diese oder jene Erfahrung traurig gestimmt sind. Aber genau das macht – wie ich finde – einen authentischen Reisebericht aus.
Es sind im übrigen dieselben Erfahrungen, die auch wir gemacht haben, als wir Norwegen im Sommer ’94 besucht haben. Regen, Regen, Regen … Fahrten durch trostlose, menschenleere Orte. Hinter Gardinen flüchtige Bewegungen…
Kurzum: Wir sind mit Euch.
Herzliche Grüsse
von Anne & Helmut
hm, sehr spürbare folgen des verfalls des euros?