* Rund Europa 2012, 12. Tag: Filipstad – Sandviken

Dienstag, 12.06.2012, 17:49:36 :: Wanderheim in Sandviken

Kaum zu glauben…

…was so ein neuer Tag alles bringen kann. Gespannt? Ok.…

  1. Stadtbesichtigung von Filipstad ohne Regen
  2. Ab frühen Nachmittag kein Regen mehr, stattdessen Sonne
  3. Ein Wanderheim (Jugendherberge) in Sandviken, mit Internet auf den Zimmern und ca. 50 €/Nacht, der fehlende Jugendherbergsausweis verhindert erheblichen Rabatt

Die Lage scheint sich also zu entspannen. Ich fange somit bei (1.) an.

Filipstad…

kurz vor Mitternacht…

…nahm uns ja gestern Abend recht spät auf. Ein erster Versuch führt uns ins Hotel John, eine Spelunke, der wir unser Haupt nicht anzuvertrauen vermochten. Da kamen uns vor der Parteizentrale der Sozis ein paar Leute gerade recht, die ihr Auto mit Kartons beluden – Propagandamaterial fürchte vermute ich… Ich frage nach einem anderen Hotel, er bot kurzerhand an, mir vorweg zu fahren, lud vollends ein und los ging’s. Filipstad ist schnuckelig klein, nach ein paar Ecken stiegt er aus und zeigte auf das, was ich sofort als Hotel erkannte.

Wer hat uns geraten?
Sozialdemokraten!

Der Rat war gut aber teuer… Aber es stimmte ausser dem Preis alles. Ok., bis auf die Kaltmamsell beim Frühstück, die uns mit dem Krach ihrer Küche wegekelte, indem sie direkt neben uns die Küchentüre weit öffnete und verriegelte…

Stadtrundgang

Danach ging’s los: Touristenbüro – nicht sehr ergiebig, aber ein paar Tips dennoch. Postkarten auch. Briefmarken? Nein, Postamt gegenüber. Geschlossen. Im KONSUM schliesslich ein Kompetenzzentrum der Post mit Lottoannahme, Zigaretten etc. – ein modernes Dienstleistungszentrum eben, wie bei uns auch.

Danach endlich der Stadtrundgang.

Ein kleiner Hafen am See, mächtige und schlicht-schöne Kirche mit ebensolchem Friedhof und einem Haupttor samt Treppenportal aus schieren Eisenplatten, zentimeterdick.

Das zeigt schon, wohin nach einer kleine Runde durch die Altstadt das Senfle lief: Filipstad war bedeutende Eisengewinnungsgemeinde, ein Kilometer ausserhalb liegt die alte Verhüttungsanlage, heute ein Museum aber leider nicht be- sondern nur umgehbar. Dennoch lehrreich und interessant. Es zeigt sich hier einmal mehr, wie eine Gegend schnell aus der Position der reichen Stadt (ihre Bürger liehen schon im Grossen Nordischen Krieg ihrem Boss – entschuldigung, König – die nötige Kohle zum Dreinschlagen) eine eher bedeutungslose Kleinstadt wird. Irgendwie wirkt sie aber dennoch lebendig in ihrer Tradition, die bedeutungslos geworden ist.

Ein kleines Häuschen nebenan…

…beherbergt ein kleines Café und die Verkaufsetage des örtlichen Häckelbüddelklubs und die örtliche Lotterietrommel – zwei Tische liegen übervoll mit liebevoll zurecht gemachten Päckchen für die Gewinner. Wir fragen uns bei Kaffee und frischer Waffel…

mit lecker Marmelade und Vanilleeis und nachdem Lis einen Grosseinkauf in Heimtextilien getätigt hat, wo es so was wohl in Deutschland noch geben könnte.

Augh für heiratsfreudige junge Damen findet sich in den zahlreichen Heften aus vergangenen Zeiten manch nachdenklich stimmendes Bildmaterial…

SMS: »Komme doch nicht…«

Und dann aber los!

Das alles ging bisher ohne Regen ab, Sonne und Wolken spielten zwar um die Wette aber es hielt – bis wir uns ins Auto setzten um uns auf den Weg zu machen… Schnell machte sich wieder Missmut breit, ein Schauer jagte den nächsten während wir durch die endlosen schwedischen Wälder fuhren, vorbei an Seen, an denen wir gerne verweilt hätten, gerne stimmungsvolle Aufnahmen gemacht hätten…

Noch eine Kirche…

…gab’s unterwegs in Kopparberg, bemerkenswert ist hierbei zumindest zweierlei: Sie ist komplett aus Holz, hat sowohl einen regulären als auch einen gewaltigen alleinstehenden Glockenturm auf der anderen Strassenseite und wird von Wikipedia totgeschwiegen.

Nach nochmaliger Pause in einem puppigen Kiosk…

…und dem abgebrochenen Versuch, den Weg nach Säter zu finden, weil dort eine der besterhaltensten Holzhäuseraltstadt zu bestaunen sein soll,…

…landeten wir kurz vor der Ostsee in Sandviken.

Sandviken…

…ist sehr jung, mal gerade 160 Jahre alt. Zunächst scheint es eine reine Industriestadt zu sein, die Firma Sandvik hat sich hier seit 1862 aus einer schnell bedeutenden Stahlproduktion zu einem der grössten schwedischen Konzerne entwickelt. Damit wäre man eigentlich zu Ende. Aber wie so häufig: Wenn man genauer hinschaut, dann gibt es Interessantes zu entdecken, zu bestaunen und zu bedenken. Der Gründer des Stahlwerkes liess eine Siedlung für seine Arbeiter bauen und zwar eine musterhafte – Gamla Bruket.

Quelle: Google Earth

Die haben wir uns heute Abend noch angeschaut, bei schönem Wetter im Abendlicht 🙂 Und finden sie schön, uns kommen Gedanken an die Fuggerei in Augsburg, die ich letzten Herbst zum ersten Mal besuchte; für Lis ja eher ein alter Hut… Ja, in der goldenen Abendsonne reizen die gelb und rot gestrichenen Häuschen ihr Musterdasein voll aus.

Und auch die beiden wuchtigen Ahornbäume wirken erhaben; Lis dabei – ihr wisst, wie gross sie ist.

Überhaupt: Das Wetter…

…hat sich am späten Nachmittag unseren sehnlichsten Wünschen, gelegentlichen Flüchen und der Drohung, den Twingo zu verkaufen und vom Erlös zurück nach La Palma zu fliegen, gebeugt: Die schwarzen Wände wichen himmlischer Bläue mit wattedicken Plusterwolken. Selbst jetzt, um fast halb elf Uhr nachts, zieren nur rosa Abendwölkchen den Nachthimmel.

Es könnte also was werden mit dem Wendekreis des Krebses…

Picasa

Tagesleistung, Tracks & Links:

  • 2012-06-12;266;03:55;03:35;117;67.6;35.3;Filipstad-Sandviken
  • Track
Dieser Beitrag wurde unter Europa2012, Kultur + Gesellschaft, Reisen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar