* Rund Europa 2012, 21. Tag: Kemijärvi – Muonio

Donnerstag, 21.06.2012, 16:18:12 :: Muonio, im Hotel Harriniva

Die »Nacht« im Hotel in Kemijärvi war wieder kurz, trotz verhangenem Himmel taghell und irgendwann muss ich ja auch schreiben… Wir haben alle paar Stunden ein Foto gemacht bis zum »Morgengrauen«. Ergebnis: Die Bilder in der Nacht haben einen Blaustich. Sonst fällt nur noch auf, dass irgendwo Lampen brennen. Wozu, das wäre mal eine Erklärung wert.

21 Uhr

Mitternacht

Nächter Morgen, 7 Uhr

Sonnenbeobachtung…

…ist unter solchen Bedingungen natürlich Fehlanzeige. Eigentlich war u.a. ja Sinn der Fahrt, die Sonne um Mitternacht nicht untergehen zu sehen. Bei diesen Wolken natürlich sehr gut zu sehen.

[Zeitsprung]

Am Abend sind wir nochmals 140 km weiter nördlich in Muonio (geographische Lage 67° 57′ N, 23° 41′)

Und siehe da! Um 22 Uhr steht sie plötzlich hoch an einem zwar wolkigen aber lockeren solchen Himmel. Wir sind gespannt.

[Zeitsprung]

Unser Frühstück…

…ist gut und findet in einem der riesigen Restaurantsäle statt, die uns an Ventspils und andere Hotels der Russischen Ära in den Baltischen Ländern erinnern. Wir kommen irgendwie zu dem Schluss, dass diese fast zu Depressionen führende Wirkung dieser Bauweise wohl gar nichts typisch Sowjetisches ist oder war sondern einem »Baugefühl« der Nordländer insgesamt geschuldet ist.

Das örtliche Museum für Volkskunst etc. öffnetest um zehn, für uns viel zu spät, wir wollen ja bis Muonio. Also verzichten wir wieder auf Bildung und fahren los. Es regnet natürlich wieder. Und wir haben eine Erscheinung…

Ein Traktor auf der Via Karelia

Ekenntlich nicht’s von besonderem Interesse. Da fahren immer wieder welche und halten den Verkehr auf. Dieser hier…

2012-06-20, 9:56 Uhr

…fiel uns gestern früh nur deshalb auf, weil er zum einen diesen skurrilen Anhänger hatte und wir ihm dreimal begegneten: Überholt am Morgen hinter Ruka. Kurz darauf blieb dann der Wischer stehen. Zurück nach Ruka, da fuhr er uns dann natürlich entgegen. Wir freuten uns irgendwie, weil er eben so lustig wirkte. Später überholten wir ihn dann wieder.

Und warum erzähle ich das? Aufgepasst! Heute früh, kurz hinter Kemijärvi fährt er plötzlich wieder vor uns. Wir kämpfen mit der Sicht…

…erkennen, nun doch neugierig geworden, en passant ein Rastatter Kennzeichen. Und dann die entscheidenden Teile der Beschriftung.

traktortraum-nordkap.de steht hinten greoss drauf. Lis notiert, da müssen wir nachsehen. Ich fahre in die nächste Parkbucht und mache noch ein (verkorkstes) Bild von vorne, der Fahrer hebt lachend den Daumen und fährt vorbei.

Warum ich ihn nicht gestoppt habe?

Ich weiss es nicht. Ein paar Worte zu wechseln wäre sicher sehr interessant gewesen. Heute Abend hatte ich nach der Internetrecherche echt das Gefühl, eine Gelegenheit verpasst zu haben. Aber Gaggenau ist ja nicht sooo weit von Hochdorf weg. Und er muss – wie wir — im September zurück sein. Wir wünschen ihm von ganzer Seele, dass er das schafft! Seine Webseite lohnt in jedem Fall einen Besuch.

Was war noch?

Ich will mich ja nicht ständig wiederholen, aber es ist nun mal so: Wald, immer dünner werdend, die Bäume sehen so aus, als hätte der Wind sie mächtig gerupft. Sie stehen häufig im Sumpf, Gräben voller Wasser, Torfmassen daneben, Moos und Heidelbeersträucher so weit das Auge reicht. Klar, Seen, erkennbar lieblich (falls Sonne wäre, aber nicht im entferntesten ist), still dahinfliessende Flüsschen, reissende Flüsse, Angler, die offensichtlich ihr Mittagessen zu fangen trachten. Riesenflächen gerodet, die Findlinge und ausgegrabenen Wurzelballen bilden ein elendes Bild. Staksige Überlandleitungen…

Und Berge! Die ersten Berge seit langer Zeit. Sie sind ganz offensichtlich der skifahrenden Fraktion der Menschheit untertan: Am Fusse umgeben von Hotels, Zentren, Wochenendhäusern, die Hänge abgekratzt und mit Seilbahnmasten gespickt wie Igel (ok., den Igel nehme ich evtl. zurück).

Kleiner Gag am Rande:

Eines der Skidörfer heisst Kairos; ob hier das griechische Kairos gemeint ist oder ob es im Finnischen dieses Wort – freilich mit anderer Bedeutung – auch gibt, bleibt offen.

Was noch? Rentiere, klar. Aber auch eine Rentierfarm und eine Husky-Zuchtfarm. Die hat allerdings noch geschlossen, lediglich weitschallendes Hundegebell erfüllt die Luft.

Und wir sehen bei der Gelegenheit erstmals Motor- und Hundeschlitten – sie stehen zwar in ihrer Sommerunkunft, aber immerhin, ich hätte nicht gedacht, dass sie so gross sind.

Die Rentierfütterungseinladung der Bedienung im Souvernirshop, wo wir einen Kaffe trinken und ich einen Blaubeerkuchen verdrücke, schlagen wir dankend aus.

Die Exemplare auf der Strasse reichen uns völlig. Aber das erfahren wir: Die Tiere sind schlau. Sie haben gelernt, dass Touristen sie gerne füttern und so kommen sie im grossen Rudel, sobald der Pickup anrollt.

Die Kirche von Muonio

Kirchen sagen ja immer viel über Land und Leute. Sie sind in den nordischen Ländern rar, die Bevölkerungsdichte fordert ihren Tribut; über Kirchendörfer hatte ich ja schon zweimal geschrieben. Hier in Muonio finden wir wieder eine grosse Kirche, viel zu gross… 1817 erbaut, schlicht, hell. Ein junger Mann sitzt neben dem Altar und liest, springt auf und eilt auf uns zu, begierig, uns zu erklären, was es mit dem Gotteshaus auf sich hat; der missionarische Eifer ist meist gross, wir hatten das unterwegs schon einmal. Besucherzahlen gering, ein Vikar bereist die weit umliegenden Gemeinden, wo es Gebetstuben gibt. Er selbst ist beseelt, radelt jeden Tag 25 km von seinem Dorf zu dieser Kirche – im Winter? Er lächelt: Da hat er leider keinen Job…

Den Altar bittet er, nur ohne Blitz zu fotografieren; ich verzichte ganz. Und er gibt uns auf unsere Frage nach einer Unterkunft den entscheidenden Tip – es gibt keine Alternative, wir hätten das Haus eher nicht gefunden.

Di.e. Anlage its absolute Spitze, kaum zu toppen. Und sehr preisgünstig. Es geht doch, Finnland ist da deutlich billiger als Schweden oder gar – lassen wir das. Jedenfalls ist es hier prächtig gemütlich. Wir haben fast wolkenfreien Himmel, die Sonne scheint, steht über den Wäldern noch recht hoch. Es ist 23.45 Uhr. Wirklich ein Schauspiel.

Tagesleistung, Tracks & Links:

  • 2012-06-21;295;04:08;02:07;114;71.0;46.9;Kemijärvi-Muonio
  • Track
  • Sodankylä lag auf der Strecke. Flächenmäßig die zweitgrößte Gemeinde Finnlands

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