Freitag, 22.06.2012 :: 2012-06-26 212951 als Nachtrag geschrieben.
Nnachzutragen sind mittlerweile einige Tage, sie verfliegen alle so schnell – nicht nutzlos, nein voller Eindrücke, Unvorhergesehenem, Ärgerlichem, Schönem auch, ja. Abends fehlt häufig jetzt nicht nur ein funktionierendes Internet sondern auch die nötige Kraft.
Also hier nun der Bericht über den Tag in Muonio, den wir uns als Pause gegönnt hatten, zumal für den Abend das Sonnwendfeuer und eine zünftige Party mit Band angekündigt war. Ich habe mich zwar gewundert, wo die Patygäste denn wohl herkommen würden – aber gut.
Erst die Arbeit…
…dann das Vergnügen. Am Nachmittag beteiligten wir uns an einer exklusiven Führung durch Lapplands grösste Husky-Farm, wie man betonte. Über 400 Hunde übersommern derzeit hier; nur im Winter dürfen sie arbeiten, sprich: Schlitten ziehen. Wir sahen eine der Züchterinnen/Hüterinnen gerade zum Tor gehen, da rannten wir hinterher, laut rufend. Und es klappte: Ein finnisches Paar und wir, also exklusiv für vier Personen.
Wir lernten, dass alle Tiere einen individuellen Namen tragen und diesen erkennen. Sie tragen dann zuweilen auch Städtenamen oder heissen »Jäger« oder auch »Meister«… Dass die Tiere hier im Sommer mehr oder weniger auf der faulen Haut liegen, es ist ihnen einfach zu warm bei diesen 18, 20 Grad wie heute; wobei betont wurde, der heutige Tag sei aussergewöhnlich warm… Ich fand ihn hingegen gerade richtig. Pro Gehege ist eine Gruppe untergebracht, die auch ein Schlittengespann bildet. Ihr Geheul ist kein Wehklagen, es ist Ausdruck und Bekenntnis des Zusammengehörens; wie bei den Menschen also, wo man ja auch mitheult, wenn man dazu gehören will. Und nicht zuletzt lernen wir, dass es Sibirische und Kanadische Huskies gibt, Unterschiede in Felldichte und Beinlänge und damit Ausdauer ergeben sich daraus.
Si.e. futtern ganz ordentlich, ich habe nicht behalten wieviel Kilogramm Fleisch und Trockenfutter pro Tag. Nur das: Im Winter, während der Arbeit steigen die Rationen auf mehr als das Doppelte. Laut unserer führenden Fachkraft, sind die Hunde ganz wild darauf, zu rennen und zu schleppen, sie bitten gewissermassen darum, im Vierer- oder Sechserpakt Touristen durch den tiefen Schnee zu ziehen. Nun, ich bin kein Husky, kann dazu also wenig sagen.
Die Tiere sind handzahm, gieren nach Zuwendung. Einige zicken innerhalb des Rudels, sie sind daher ausserhalb der Gehege an einer Einzelhütte angepflockt, sind aber uns Menschen genau so zugetan; nur mit ihresgleichen kommen sie offenbar nicht klar.
Kindergarten
Huskydamen werfen massenweise Junge, wohl eine Folge der hohen Sterblichkeit in natura; denke ich mir so. Für die Züchter ein Glücksfall, denn sie minimieren den Ausfall natürlich durch entsprechende Pflege, Impfungen etc.. Huskies haben einen ganz eigenartigen Geruch, den ich noch bei keiner anderen Hunderasse wahrgenommen haben; die Züchterin nickt eifrig mit dem Kopf das ist so. Das ganze sehr interessant und eine eigene Wissenschaft.
Ob ich mich allerdings stundenlang durch den Schnee schleifen lassen würde, kalt, dazu dunkel (im Gegensatz zu derzeit…) – ich bin mir ziemlich sicher, dass das sehr unwahrscheinlich ist (»nie« soll man ja nie sagen).
Polarsommer
Der ist mit hingegen sehr angenehm, nie zu heiss aber in der Sonne angenehm. Dass die Sonne hier nördlich des Polarkreises derzeit und noch für eigne Wochen nie untergeht, ist ein Phänomen, das ich erleben wollte, weil nur Vorstellen und Verstehen mir nicht gereicht haben. Und es ist ein sonderbares Erlebnis. Es ist unwirklich. Besonders nachts, wenn man am Fester stet, draussen ist es taghell aber nichts regt sich. Die Vögel schlafen tatsächlich, sie halten jedenfalls den Schnabel. Kein Mensch auf der Strasse, kein Auto. Also schlafen auch die Menschen hier offenbar; was sollten sie auch sonst tun.
Feiern zum Beispiel. Und das sollte hier heute Nacht passieren. wir waren gespannt und sahen interessiert zu, wie eine alte Hütte zerlegt und zusammen mit anderen Holzabfällen und ein paar zerhackten Birken langsam eine Art chaotischen Scheiterhaufen unten am Fluss bildeten. Die jungen Leute schauten nicht so auf einen geordneten Aufbau. Meine Vorstellungen gingen Ehen so zu eine geordneten Pyramide um die dann die blumenbekränzte Burschen und Mädels abens den Reigen geben würden.
Aher so sind sie eben, die alten Leute: Hängen an Traditionen, an Gedanken an früher, al alles viel – Ihr wisst schon. Jedenfalls, der Abend kam, erkennbar an der Sonne, die zum völlig verhakten Sonnenuntergang über dem Wald am anderen Ufer hing, strahlte und hing und, allenfalls bei genauer Beobachtung erkennbar, nach rechts rutschte, aber eben nicht nach unten, gewissermassen hinter oder in den Wald. Ebenfalls erkennbar war, dass eine Menge Volk sich aus der Ansiedlung Munio herbewegte und die Bar, den mittlerweile von Tischen befreiten Saal bevölkerte. Dort zog die Band die letzten Strippen und hub dann auch bald an, den Tönen aus mancherlei Gerät freien Lauf zu lassen. Plötzlich waren auch ganze Pulks von Touristen da; besonders diese Holländische Damengruppe gab der Tanzerei den entscheidenden Pfeffer.
Und draussen Brandstiftung
Pparallel dazu hatten sie ein paar Jugendliche unten am Fluss eher gelangweilt des Scheiterhaufens angenommen, tränkten diesen aus einem Kanister ordentlich mit Benzin und legten eine flüssige Lunte in den Sand. Diese steckten sie dann an und die wiederum zündete den Scheiterhaufen mit einem dermassen heftigen WUPP!, dass meine Kamera schlicht den Dienst einstellte, meine Videonobelnummer, die es hätte werden sollen, bricht hier abrupt ab.
Nun gut, es wärmte angenehm, ein paar Schaulustige traten noch hinzu, weil oben die Musik wohl auch nicht so berauschend war. Die blumenbekränzten jungen Dinger jedenfalls blieben aus und die Burschen hielten sich ausnahmslos nur an ihren Bierdosen und -fläschchen fest.
Wie soll ich es weiter beschreiben? Lis und ich drehten uns für kurze Zeit im Kreise zum Takt der gebotenen Klänge, nippten an unseren alkoholfreien Getränken, freuten uns über die ausgelassene Holländerinnengruppe und gingen dann aufs Zimmer. Wenig später ging ich nochmals raus, mich interessierte, wie alles so seinen Fortgang nahm.
Nahm es nicht. Die Party war nach wenigen Stunden zu Ende, die Band rollte gerade die letzten Kabel zusammen, die Touristen hatten sich verlaufen oder ins Bett begeben und die einheimischer Bevölkerung stand oder hing in teilweise sehr aufgelöstem und zerzausten Zustand an der Theke oder draussen auf der Raucherterrasse, die Blicke starr, die Konversation trotz Sprachbarriere erkennbar desolat.
Wer nun enttäuscht ist…
…dem kann ich nur sagen: Wir waren nur am falschen Platz. Jedenfalls, was eine zünftige und erfreuliche Mittsommerfeier angeht. Irgendwo in Schweden, Finnland oder Norwegen drehten sich die Mädchen anmutig im Kreis um das Feuer oder einen Maibaum (und um die feschen jungen Burschen, Frühlingssträusschen an der Kappe), sangen ihre frohen Lieder und… ––– Aber man hatte uns ja gewarnt: Das sei ein fürchterliches Gesaufe. Deshalb verschiebt wohl auch die staatliche Aufsicht diese Feiern auf das Wochenende; hernach ist die Mehrzahl der Verfeierten nicht mehr zu gebrauchen, jedenfalls am nächten Tag nicht…
Aher eines muss man schon noch lobend erwähnen: Das Wetter hat perfekt mitgespielt. Darüber besteht kein Zweifel. Und dafür auch ein dickes Lob.
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