* Rund Europa 2014, 1. Tag: Naxos – Delfi

Freitag, 4. April 2014, 21:06:52 :: Delfi, Hotel Orfeos

Wir haben Delfi erreicht

4. April 2014, 19:15:50 :: eine Stunde früher als erwartet. Maria hatte uns gestern Abend telefonisch angekündigt. Zum Empfang gibt’s gleich einen Kaffee. Der Besitzer ist sehr zuvorkommend, er überschlägt sich nahezu. Es ist uns fast peinlich – nur weil wir letzen Sommer auch hier waren. Da hatte ich mein iPad hier liegen lassen. Er hatte es uns per Botendienst nach Naxos nachgesandt.

Aber jetzt der Reihe nach.

Zunächst versagt der Bubi, unser GPS-Gerät, das vor ein paar Tagen noch funktionierte. Es hatte zwar unter ausgelaufenen Batterien schwer gelitten aber nach der gründlichen Reinigung einige Tage lang ohne wenn und aber funktioniert. Wer trackt jetzt unsere Etappen, wer erinnert uns an wichtige Wegpunkte, die wir passieren. Das iPhone wird uns ohne Zweifel durch das Strassengewirr von Piräus bringen. Aber alles andere?

Lis‘ Brille zerbricht. Erst die Alltagsbrille. Und wenig später das Ersatzteil. Warum jetzt? Und was geht noch schief heute?

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Ein Freund verabschiedet uns am Hafen. Das macht Mut. Er hat sich extra früh für uns aus dem Bett gewälzt. Vor lauter Freunde vergessen wir fast, auf die Fähre zu fahren. Die war heute Morgen gähnend leer – bis Paros. Da stieg eine parotische Schülergruppe zu und lärmte bis zur Ankunft in Piräus. Und zwar nervenzersägend. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass eine große Zahl griechischer Kinder zuhause in einem extremen Lärmfeld aufwächst. Anders ist diese Lautstärke nicht zu erklären.

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Da sitzt man nun auf dem Oberdeck, lesen will nicht so recht gelingen. Man beobachtet dann eben. Und denkt nach, trotz Lärm: Seit mittlerweile 30 Jahren haben wir die Insel nur einmal mit dem Flieger verlassen, sonst immer mit der Fähre. Erreicht haben wir sie aus dem Süden und aus dem Norden immer per Schiff. Für mich war die Fähre immer wichtig, besonders bei der Anreise. Eine Insel sollte man per Schiff erreichen. Sie muss langsam am Horizont auftauchen. Zunächst ahnt man sie, oft täuscht man sich vor lauter Nichterwartenkönnen. Die Schiffsreise zwingt zum langsam Abstand gewinnen. Sechs Stunden warten. Schlafen oder dösen. Herum gehen. Lesen. Beobachten. Erzwungene Ruhe.

Das hat mich an La Palma gestört: Man wird, nur durch viereinhalb Stunden getrennt, in eine völlig andere Welt geworfen. Man bekommt nicht die Zeit der Annäherung. Hoch. Rüber. Runter. Da.

Das waren die meisten Jahre Urlaubsgefühle. Heute verlassen wir ein Zuhause. Unten im Bauch der Fähre steht das Senfle, hoffentlich mit allem, was wir für die nächsten Monate brauchen. Denn nicht alles ist doppelt vorhanden – in Deutschland und hier auf Naxos. Zuhause? Ich bin sicher, Naxos ist unser Zuhause. Popi, unsere Vermieterin lamentiert: Wie sie das aushalten soll, ohne unsere Schritte über ihr, ohne die Geräusche, ohne das Laute, fröhliche καλημέρα! jeden Morgen, wenn wir auf die Küchenterrasse treten. Wir sollen sie häufiger anrufen. Wir versichern ihr, das zu tun. Bereits während wir noch auf der Fähre sind ruft sie an. Obwohl sie nur griechisch spricht und allenfalls Lis überhaupt verstehen kann, was sie alles sprudelt. Maria geht es nicht viel anders. Und, und, und… Selbst die Nachbarn. Eine Nachbarin winkte Lis neulich heran und bedachte sie mit einem großen Strauß Levkojen. Wenn wir Wasser holen, werden wir angestrahlt. Und bei jedem Fest werden wir mit Speisen und Getränken versorgt, zum Mittanzen genötigt.

Wieviele Zuhause kann ein Mensch haben?

Wo man sich wohl fühlt, dort sei das Zuhause. Sagt sich leicht. Nur wie oft ist das möglich? Jedenfalls ist es ein gutes Gefühl, wenn man davon mehrere hat… Im Sommer fahren wir hoffentlich nach Litauen. Wieder ein Zuhause.

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Irgendwann dann in Piräus. Freitagnachmittagverkehr. Chaos. Gehupe, Rücksichtslosigkeit. Links und rechts knattern Motorräder und Mofas vorbei, knapp, gewagt und oft unerwartet. Man kann die Augen nicht überall haben. Und dann sind wir draußen. Durchatmen. Die Straße nach Tiva (Theben) ist voller Fünfachser. Freitag eben.

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Aber es blüht, es ist grün. Nicht braun wie im Herbst. Gelb, weiß, violett. Der Ginster präsentiert die ersten Blüten.

Der Parnass hat noch Schnee

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Und in Aráchova stehen noch die Skier vor den Verleihstellen. Und hier in Delfi laufen die Mädels rum wie im Sommer. Supershorts und nackte Beine… Freitag Abend. Von der orthodoxen Kirche her schallt der Messegesang über das ganze Städtchen, gefühlt stundenlang. Das Meer tief unten liegt im Dunst. Freitag Abend in Delfi.

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