Dienstag, 10.04.2014 :: Berat
Dienstag, 17.03.2015 :: Naxos
Der Morgen in Tepelena
Der erste Blick aus dem Fenster verheisst schüttere Sonne, jedenfalls keinen Regen.
Das Frühstück ist albanisch spartanisch. Wo keine Touristen umherschwirren ist das so. Das wissen wir. Ebenso wissen wir, dass wir nach dem Frühstück Stadt und Festung besichtigen werden, denn das Wetter ist sonnig aber windig und kalt. Und dass wir danach weiter nach Berat wollen. Was wir nicht wissen, wie wir fahren sollen beziehungsweise können. Mir schweben alternativ zwei Strassen durch die wilden Berge vor, die in Google Earth zum grössten Teil gut aber mindestens befahrbar aussehen. Aus Moldavien wissen wir, dass die Luftaufnahmen täuschen können… Deshalb fragen wir. Entgeisterte Augen: Nein, das geht nicht, beides nicht. Schulterzucken. Teile im Gebirge sind so schlecht, dass man da nicht durch kommt. Albanien überrascht immer wieder: Was gut aussieht, ist unbenutzbar, was gar nicht da sein dürfte ist beste Qualitätsstasse. Also doch die »normale« Strasse, ganz im grossen Bogen. Wobei »normal«…, ok., später mehr.
Tepelena, Festung und Stadt
Wir müssen uns warm anziehen, die Sonne scheint aber der Wind pfeift kalt, als wir uns nach draussen Richtung Festung wagen. Ein schmuckes und sauberes Städtchen, das fällt uns sofort auf. Es mag vielleicht am Tourismus liegen, der später im Sommer dann doch hier durchziehen wird. Oder es liegt einfach an der Zeit: Albanien reckt sich gen Europa, die Organisation der Müllentsorgung funktioniert immer besser. Das ist uns von Anfang an hier besonders aufgefallen, mehr als in den Baltischen Ländern: Der plötzlichen Müll-lastigen Versorgung der Menschen stand keine entsprechende Entsorgung gegenüber. Selbst jungen Leuten war der Müll entlang der Strassen ein Gräuel, für das sie meinten sich entschuldigen zu müssen. Das war im Mai 2007 in Fushe Ares. Was immer noch auffällt: Fast ausschließlich Männer sind auf der Strasse.
Nun, am dicken Eckturm der Festung treffen wir, wie schon erwähnt, auf Lord Byron.
Wir suchen den Eingang zur Festung und gehen den Weg entlang der Festungsmauer nach unten. Dort stehen wir einen Mauerabsatz und vermuten dort den Eingang. Am Weg stehen stoisch zwei Esel oder Maultiere. Sie warten auf nichts, sie stehen nur regungslos, angebunden an eine freiliegende Wasserleitung.
Festungstore stehen häufig im rechen Winkel zur Mauer. Das hat ganz offensichtlich den Vorteil, dass Soldaten nicht schnell und in grosser Zahl eindringen konnten. Für uns ist das Tor offen und wir betreten völlig überrascht keine Ruine sondern eine kleine Häuser- und Gartenwelt. Die Festungsanlage ist vollständig besiedelt. Einfachste und neuere Häuser wechseln sich ab, teils vom Wein überwachsen, der schon kräftige junge Blätter getrieben hat. Gemüsegärten fast bei jedem Haus. Selbst ein kleiner Gemüseladen findet hier seinen Platz.
Postkarten aus Sarande
Wir verlassen die Festung am anderen Ende und landen wieder auf der Strasse. Lis findet, dass sie jetzt doch endlich ihre Postkarten versenden muss, die sie in Saranda gekauft und frankiert aber nicht eingeworfen hatte. Und so machen wir uns auf und suchen die Post. Die finden wir auch fast auf Anhieb, das Schild spricht eine deutliche Sprache. Eine grössere Männerschar steht dort Schlange. Wir fragen und nach vielem Hin und Her – wer kann Deutsch oder Englisch? – verstehen wir: Hier werden die Renten ausbezahlt, Briefmarken gibt es dort um die Ecke. Und nun geschieht wieder dieses albanische Wunder: Einer der Männer bedeutet uns, ihm zu folgen und so geht es um mehrere Ecken bis zu einer Tür, die wir nie für das Postamt gehalten hätten.
Er führt uns hinein, erklärt den beiden Damen hinterm Schalter, worum es geht und verabschiedet sich mit Handschlag.
Gewonnen? Leider nein. Die Karten sind nicht mit Briefmarken von hier beklebt, meinen wir nach vielem Palavern zu verstehen. Wir hätten sie in Saranda einwerfen müssen. Schlussendlich werden also neue Briefmarken aufgeklebt und ab geht die Post.
Wir genehmigen uns nach diesem anstrengenden Exkurs in albanischem Postwesen erst einmal einen Cappuccino auf dem Söller über Herrn Byron. Dort pfeift zwar ein ungemütlicher kalter Wind, aber die Aussicht ist bezaubernd und grossartig und der Trunk wird serviert von den jungen Leuten, die dieses Burgcafé hier unter uns betreiben; tief im Bauch des Turmes ist wohl die Disco untergebracht…
Die modernen Helden von Tepelene
Auf dem Rückweg zum Hotel schlendern wir am Parteigebäude, dem Rathaus und den Büsten und Standbildern der Helden des 2. Weltkriegs vorbei.
Es wird Zeit, aufzubrechen, wir wollen ja heute bis Berat. Was nicht ganz ohne Schwierigkeiten verlaufen wird. Aber das ahnen wir natürlich noch nicht.
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