* Rund Europa 2016, 17. Tag: Camorino – Hochdorf

Mittwoch, 13.04.2016, 21:55:06 :: Hochdorf
Donnerstag, 14.04.2016, 22:31:41 :: Hochdorf

Wetteraussicht am Morgen

Dies ist ein vorgezogener Bericht über den letzen Reisetag. Der kam überraschend. Wir hatten eigentlich noch vier bis fünf Reise- beziehungsweise Besuchstage vor uns, als am Dienstagabend kurz vor Bellinzona das Senfle beängstigende knackende und knarrende Geräusche von sich gab – als rieben sich Metallteile an einer Bruchstelle…

Wir fuhren erschrocken an die Seite und ein paar Meter weiter auf den Parkplatz eines Gartencenters. ADAC? Muss wohl sein. Ich rufe also in München an, gebe unsere Position durch und nach einer guten Stunde stand der Schweizer Pannendienst neben uns, genauso gelb wie der deutsche. Er hebelte den Wagen hoch und kroch halb drunter – und sah einen Schaden! War es der Schaden? Jedenfalls war die Manschette um das Kardangelenk der rechten Antriebswelle völlig zerstört und das Schmiermittel im ganzen Radkasten verteilt. Der junge Mann war guter Dinge und wir erleichtert, als er uns erklärte, dass sich ein paar hundert Meter weiter eine Renault-Werkstatt befinde, ein Hotel sei hundert Meter weiter auf der anderen Strassenseite.

Wir fuhren also bedächtig zur Werkstatt, der Meister bestellte mich für den nächsten Morgen – also heute früh – und wir bezogen voll bepackt ein Zimmer im Hotel gegenüber, Businessqualität für 160 sfr. Dass dann ein Teller Spaghetti am Abend 11 sfr kostete, das nur am Rande und damit Ihr alle mitnicken könnt: Jaja, die Schweiz ist teuer…

Heute früh also…

…kurz nach neun stehen dann der Werkstattmeister, der direttore und ich unter dem hochgefahrenen Senfle. Er sieht aus wie die S…, alles voller Schmierfett und die linke Manschette ist genauso hinüber wie die rechte. Die beiden Renault-Leute schauen fachmännisch und diskutieren wohingegen ich eher staune und zum ersten Mal in meinem Leben eine Antriebswelle und ihr Kniegelenk sehe…

Mir schwant einiges.

Der direttore, der ein perfektes Schwiizerdütsch beherrscht (deshalb ist er mit dabei!) erklärt mir, dass man die Manschetten natürlich unbedingt ersetzen muss, das Auto sei aber tadellos in Ordnung, wir könnten bedenkenlos damit die 500 Kilometer nachhause fahren, Autobahn und – zwinkernd – nicht zu schnell…

Mir ist mulmig, aber der direttore bestärkt mich, der Meister nickt absolut zustimmend, selbst nach einer gemeinsamen Proberunde, bei der das Geräusch wieder auftritt und so packen wir eben, beladen den Wagen wie jeden Morgen, kaufen zähneknirschend an der nächsten Tankstelle die Vignette für 40 sfr – die wir uns eigentlich sparen wollten! – und starten den Gotthard-Trip. Geplante Besuche sagen wir ab.

Es nieselt und regnet, die Wolken hängen sehr tief im Tal, fast bis auf den Talgrund. Reisewetter ist das nicht, Freude über eine unvorhergesehene Bergtour kommt daher nicht auf, zumal nicht mit dem mulmigen Gefühl, dass da unten vor uns zwei Kardangelenke ohne Schmiere arbeiten. Jetzt, wo ich das schreibe, interessiert mich natürlich, wie das Teil wirklich aussieht. So:

Die Verkehrsdichte ist erstaunlich gering, nach dem 16-km-Tunnel wird es bei Göschenen sogar freundlich,…

…d.h. bis zur Raststätte vor der Südspitze des Vierwaldstätter Sees geht alles glatt, wir leisten uns dort noch einen C… (genau!) und Wiener Würstchen zu himmlischen Preisen und geniessen so gut es geht, die Fahrt durch die vielen Tunnel entlang des Sees.

Dann aber, kurz vor Zürich, beginnt es zu schütten und da versagt dann der Front-Scheibenwischer wie erwartet und befürchtet und wir fahren halb blind durch das Strassengewirr des Großraums Zürich bis Schaffhausen. Eigentlich verantwortungslos, aber was tun? Im Hegau dann hört der Regen auf, es wird fast freundlich. Nach einem Cappuccino und einer Willkommensbutterbrezel in der dortigen Raststätte beschließen wir, gleich zur Werkstatt in Seebronn zu fahren, wo Senfle ja gewissermaßen zuhause ist, und Lis‘ Schulfreundin einen Besuch abzustatten.

In Seebronn bekommen wir bei dem freundlichen türkischen Werkstattchef für Montag einen Termin und bei Lis‘ Schulfreundin einen doppelten Espresso und Kekse. Ihr Mann, der vor vielen Jahren das Senfle aus dem Hut zauberte, ist leider unterwegs.

Der Weg bis Hochdorf ist dann – für Adaptierte – normaler Feierabendverkehr im Großraum Stuttgart. Für uns antrainierter Wahnsinn im Musterländle.

Wir stellen fest:

Bis zur Mitte von Istrien konnten wir reisen, danach nur noch fahren. Mitteleuropa ist übervölkert, zugebaut. Insbesondere Norditalien ist eine “Siedlung am Stück”. Die Preise steigen ins Absurde. Der Teller Spaghetti zum Beispiel kostete im Hotelrestaurant gestern Abend 11 sfr. Die Preise in der Gotthard-Raststätte waren schwindelerregend. Wir sind andere Qualitäten gewöhnt.

Und ich habe vergessen, dass heute der 13. war…

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