Samstag, 10.09.2016, 23:50:23 :: Soroca, Hotel Central
Sonntag, 11.09.2016, 22:57:03 :: Todifesti
Mittwoch, 18.01.2017, 21:44:01 :: Galanado
➜ Mohyliv Podilskij – Soroca
Ich muss zugeben, dass wir nicht weit herum gekommen sind – so im Nachhinein. Als wir wieder am Hotel waren, fanden wir, dass es genug war. Aber der Reihe nach.
Es ist Samstag Nachmittag, es wird langsam etwas kühler, als wir hinunter zum Ufer des Dnister schlendern. Die Stadt sieht traurig aus, was uns nicht erstaunt aber irgendwie deprimiert. Auch frech bemalte Gebäude täuschen nicht darüber hinweg: Hier herrscht die Armut.
Es ist eine herbstliche Stimmung, weil die Kastanien alle abgestorbene Blätter tragen.
Die Treppen, die hinunter zur Promenade oberhalb des Flusses führen, drücken eigentlich alles aus, was diese Gegend beschreibt.
Aber der Blick über den Fluss, hinüber in die Ukraine ist so friedlich, dass einen das wieder aufmuntert und versöhnt.
Auf der Promenade begegnen wir nur wenigen Menschen. Erst in der Nähe der Festung findet das Leben statt: Ein Kinderspielplatz und – es ist wie gesagt Samstag – mindestens drei Hochzeiten; die Paare brauchen die Festung als Hintergrund…
Das Schild demonstriert, dass die EU doch immer wieder Nützliches zuwege bringt: Hier das sie die drei Anrainerländer Moldawien, Rumänien und die Ukraine mit Zuschüssen zur Zusammenarbeit gebracht; die Restauration der erwähnten Festungen ist in der Tat gelungen.
Vor dem Tor parken VW-Busse der Friedensläufer, sie sind mit der Fackel in der Festung als wir in den Innenhof gelangen und drücken Lis das Teil in die Hand. Es geht alles so schnell, dass mir das einzige Bild von der völlig überraschten Friedensläuferin nicht so recht gelingt.
Aber wozu auch? Die Organisatoren haben auf ihrer Webseite ausreichend für die Dokumentation des Ereignisses gesorgt.
Der Peace Run wurde 1987 von dem Friedensvisionär Sri Chinmoy ins Leben gerufen. Als Sportler, Schriftsteller, Dichter, Künstler und Musiker widmete er sein ganzes Leben der Förderung globaler Freundschaft und des Friedens. In Anerkennung seines Wirkens erhielt Sri Chinmoy (1931 – 2007) unter anderem den «Pilger des Friedens»-Preis von Assisi, der auch Mutter Teresa und Michail Gorbatschow verliehen wurde.
Der Peace Run wird von einem Team ehrenamtlicher Helfer organisiert und finanziert. Partner in Gemeinden und Städten stellen meist Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung. Der Lauf ist politisch unabhängig und sammelt keine Spenden.
Es ist schon ein imposantes Bauwerk, auch wenn der äußere Durchmesser nur 37 Meter beträgt. Dafür sind die Umfassungsmauern 3,5 Meter stark und an der Außenseite bis zu 25 Meter hoch.
Und der Ausblick ist so was von friedlich, wo die Festung doch ganz sicher blutige Zeiten erlebt hat.
Im 12. und 13. Jahrhundert gab es in Soroca eine Furt über den Fluss, die Händler aus Genua kontrollierten. Sie nannten ihre Festung Olchionia (Olihonia oder Alciona). Im Fürstentum Moldau (um 1350–1538) war die Festung von großer strategischer Bedeutung zur Sicherung der Ostgrenze gegen die Tataren. Unter dem moldauischen Fürsten Ștefan cel Mare (reg. 1457–1504) war die Festung ein quadratischer hölzerner Bau am Flussufer. Beim Dorf Lipnic im nördlich gelegenen Rajon Ocnița besiegte 1469 oder 1470 das moldauische Heer Ștefan cel Mares die unter dem Kommando von Akhmat Khan angreifenden Wolga-Ural-Tataren der Goldenen Horde. Beide Seiten verzeichneten hohe Verluste. Der Name Soroca wird 1499 in Dokumenten erstmals erwähnt.
So langsam geht die Sonne unter, die Hochzeitsgesellschaften ziehen sich ins nahe gelegene Festlokal zurück, die Friedensläufer packen ihre Siebensachen und fahren los, ja selbst die Ziegen kehren heim – da machen uns eben auch auf den »Heimweg«.
Nachfolgend ein paar Impressionen, eingefangen auf der Strasse der Unabhängigkeit, auf dem Weg zurück zum Hotel…
…wo der Markbetrieb verschwunden ist und wir uns zum Essen vors Hotel setzen und mit einem deutschen Paar am Tisch gegenüber ins Gespräch kommen. Sie reisen ähnlich, nur: Sie fliegen in die Hauptstädte und tingeln dann mit dem Mietwagen für mehrere Tage durchs Land. Und das schon in mehr als hundert Ländern, wie sie berichten.