Für wen? Und bitte, was denn?
Diesen Quatsch sonderte Dörrmann (zitiert nach Berliner Morgenpost) ab, Verhandlungführer der SPD i.S. KiPo-Sperre-Gesetz.
Diese und alle weiteren Zitate
Wir haben für den Datenschutz sehr hohe Latten gesetzt. (…) Damit haben wir alle Schranken eingezogen, die wir einziehen konnten.
Eben, Bankrotterklärung. Oder
Das ist manchmal schwierig, die Argumente in der Community zu vermitteln.
An wem liegt’s, Herr Dörmann? Bei wem besteht der Mangel an Grips oder Einsicht? Die Zitate zeigen ausnahmslos nur eines: Die SPD wurde und wird vorgeführt, sie ist als handlungsfähiger Partner in der Grossen Koalition weder existent noch ernstgenommen, ein entkernter Rest ihrer selbst. Nicht umsonst spottet und frohlockt die CDU:
Das Ding heißt jetzt anders, die Inhalte bleiben aber gleich.
und
Löschen vor Sperren war schon immer unsere Linie.
Sieg auf der ganzen Linie eben. Kein Richtervorbehalt, keine richterliche Kontrolle, lediglich ein »zum Richteramt befähigtes« Mitglied im Kontrollgremium. Hier wir etwas vorbereitet, was schwere Folgen haben wird: Die Behinderung und Eliminierung der Judikative. Nachdem die Presse i.W. schon funktioniert, das Volk die Lust am Wählen verloren hat bleibt eigentlich nur noch das störrische Gerichtswesen, das ihnen dauernd die Prügel in den Weg legt. Den die traute restliche Zweisamkeit Regierung-Parlament liegt eh‘ schon in einem Bett.
Ausserdem: Wer muss denn da wem was vermitteln, werter Herr Dörmann? Grotesk aber Ausdruck der Lufthoheit, die Politiker mittlerweile fühlen. Der gesamte Vorgang zu diesem Gesetz ist ein Paradebeispiel dafür, was Politik ist: Ignorieren, anderen das Wort im Munde umdrehen, verdächtigen, beschuldigen, lügen, unterschlagen. Und so weiter, die volle Liste eben. Lug und Trug als entscheidendes Handwerkszeug.
Der Vorgang zeigt auch, dass die Parteien mit 57% Nichtwählern gut, jedenfalls besser leben können als mit der ernsthaften inhaltlichen Auseinandersetzung mit über 130.000 Petitionszeichnern und ihren einfach zu verstehenden, mit ebenso einfachen Beweisen hinterfütterten Argumenten. Es liegt nicht an der Komplexität der Materie, die ist gar nicht gegeben. Deshalb ist das »Spiel« eigentlich auch so leicht durchschaubar. Eine offensichtlichere Missachtung einfacher demokratischer Regeln war selten. Es geht nicht um die besseren Argumente und Verfahrensweisen. Es geht um ein anders Ziel.
Ein Grundkonsens geht baden
Zensur oder auch nur der Versuch war immer. Bisher wurde sie immer bekämpft und umgangen. Im Guten wie im Bösen. So offensichtlich wie beim in Frage stehenden Gesetz war der kommende Misserfolg, die Vergeblichkeit des Bemühens selten. Warum dann der Aufwand? Nur billiges Wahlkampfgetöse? Bigottes Moralin einer Ministerin? Mich beschleicht der Verdacht, dass der derzeitige mentale Zustand der Masse von den Eliten als hinreichend gedämpft angesehen wird, um neue entscheidende Schritte im Abbau von Grundrechten jetzt zu tun. Auch das Verhalten in der Finanzkrise spricht eine schrille und deutliche Sprache. Jede Kultur, jeder soziale Komplex, der unterging, stand einmal in einer Situation wie wir. Warner wurden kopfschüttelnd und auflachend zur Seite geschoben – nun ja, bis es eben zu spät war…
Links:
- taz: Der Dammbruch
- Telepolis: Internetsperren verhindern keine Straftaten, aber Strafverfahren
- Weissgarnix: Sozialdemokratischer Identitätsverlust
- heise: Kinderporno-Sperren: Federführender Bundestags-Ausschuss stimmt zu
- WikiLeaks: Von Zensur und der Gesellschaft
- Ruhrbarone: SPD verliert schon wieder eine Generation
- Nachdenkseiten: Frank-Walter Steinmeiers Mythomanie
Nachtrag:
2009.06.18, 14:27 :: Das Netz schlägt zurück
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Nachtrag:
2009.06.18, 14:35 :: SZ: Sperrstunde im Internet