…der weiss, wie ich leide:
Einmal unter der Hitze hier und zum anderen, weil uns Litauen fehlt. Wem’s ähnlich geht bzw. wer neugierig ist, was an Litauen Besonderes ist, der kann Panoramabilder ansehen.
Vor genau einem Jahr…
…waren wir auf der 1. Etappe unserer letztjährigen Europareise zwischen Pärnu und Riga und damit auf dem Weg dorthin.
Vilnius…
…ist dieses Jahr Kulturhauptstadt, was ihr zusteht, was sie zu Recht ehrt – aber woraus sie nichts macht: Ein veraltete Ankündigungsseite, gerade mal in Litauisch und Englisch; wo doch in diesem »Jerusalem des Nordens« so viele Sprachen gesprochen wurden, Russisch und Deutsch und vor allem Polnisch. Aber da macht sich wohl das bemerkbar, was der (litauische!) Schriftsteller Thomas Venclova über die Intellektuellen seines Heimatlandes schreibt. Und Kestutis Girnius schreibt seinen Landsleuten ins Stammbuch, dass sie doch bitte endlich mal geschichtliche Wahrheiten zur Kenntnis nehmen und sich nicht so national-introvertiert aufführen sollen. Jedenfalls, die Gelegenheit dieses Jahr, die haben sie sich mal wieder entgehen lassen.
Aber in die Vergangenheit schauen sie gerne –
allerdings nur wenn’s passt, bei ihren Urhelden Vytautas und Gediminas zum Beispiel oder bei tradioneller Folklore (die schön und lustig ist!) bei jeder Gelegenheit.
Es war am 60. Geburtstag unserer Freundin Angele, Ramunes Mutter. Sie starb vergangene Woche im langen Bewusstsein, dass sie sterben würde. Eine sehr tapfere, freundliche und lustige Frau, um die wir trauern.
Im August wäre sie 64 Jahre alt geworden. Sie war so alt wie ich.
Wenn es um’s eigene geschichtliche Versagen geht, sind sie wie alle, die wegschauen, weil’s mehr als peinlich ist. Denn auch in Litauen gab es nicht wenige, die gerne schneller und gründlicher gegen die in Vilnius ja massgeblich ansässigen Juden vorgingen, als Hitlers Schergen. Vor Jahren explodierte ein litauische Freundin, als ich sie wiederholt wegen des Jüdischen Museums, das ich aufsuchen wollte, in eine Diskussion verwickeln wollte: Was ich bloss immer mit den Juden hätte?? Die Litauer hätten gelitten, unter den Deutschen, dann unter den Russen. Das Museum sollte ich mir ansehen!
Ich tat beides aber ich habe gelernt, dass die Vergangenheit in Litauen (wie in Polen und anderswo auch, ich weiss…) noch lange nicht aufgearbeitet ist. Zwei weitere Beispiele zeigen das:
- Der Brief einiger ehemaliger osteuropäischer Staatsoberhäupter an Obama. Dieser »Nachhilfeunterricht für Barak« ist ja nicht nur peinlich, er zeigt auch, wie erbärmlich die Integration dieser Staaten in die EU bisher vorangekommen ist.
- Litauens zurückgewandter Blick trifft abermals Minderheiten, Mitmenschen, deren selbstverständlicher Status in der westlichen Welt eigentlich nicht mehr in Frage gestellt werden darf. Das finden auch Litauer selbst.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Wir lieben dieses Land und seine Menschen. Dennoch: Statt sich um die sexuelle Ausrichtung seiner jungen Bürger zu sorgen, wäre die Sorge um den Alkoholkonsum und eine exorbitante Selbstmordrate viel eher eine dankbare Aufgabe. Und der Kampf gegen Korruption und gesunde Staatsfinanzen allemal. Aber das ist dann wieder eine neue Geschichte.
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