Sonntag, 01.07.2012, 18:43:33 :: Siltakylä, Hotel Villa Vanessa
Nachts durchschlafen…
…gelingt wieder irgendwie besser wenn es wieder dunkler ist nachts. Aber so richtig? Ein Blick aus dem Fenster bietet jetzt ein ganz anderes Bild als noch vor einigen Tagung und ein paar hundert Kilometer weiter nördlich.
Lachs satt
In Skandinavien scheint Lachs zwar etwas sehr Gutes aber nichts Besonderes zu sein. Vor allem dort, wo man ihn fängt. So auch in Parikkala, wo wir gestern Abend Lachsfilet und Lachs geraucht bis zum Abwinken assen.
Und heute Morgen zum Frühstück, da war er schon wiederda, stand in der Vitrine und das gleich in drei Varianten. Also wieder Lachs nach dem Joghurtmüsli. Wie gesagt: Falls mir Kiemen wachsen – nicht wundern, davon kommt’s.
Schon am frühen Sonntag Morgen stehen sie am Wasser, die Angler und halten ihre Gerten raus ins Wasser. Und sie fangen auch was. Und die Räucherei neben an emittiert eine Duft… Und es wird gekauft. Viele Russen hier. Warum?
Wenn ich das Schild, das vor dem Hotel die Gäste warnt, ernst nehme, dann steht das Hotel in der Grenzzone, also zwischen Finnland und Russland – im Niemandsland also. Denn es steht hinter dem finnischen Grenzpfahl. Ob wir also während des Schlafens gesündigt haben, ist offen: Schliefen wir doch antrags- und genehmigungslos im Grenzgebiet.
Und das nur am Rande: Wir wären auf Russland gut eingestimmt. In Karelien wimmelt es zwar nicht von Russen, aber man begegnet ihnen doch sehr häufig: In Person, in der Ausstattung der Räume, dem Samowar auf dem Kachelofen des Restaurants, an den Broschüren, den Hinweistafeln – russisch ist hier vieles, nicht nur die Speisekarte. Und heute Mittag lese ich es zum ersten mal auf öffentlichen Verkehrsschildern: центр steht da unter dem finnischen keskusta, das wir nach ein paar Tagen begriffen hatten. Denn das Stadtzentrum muss finden, wer da hin will. центр aber werden wir erst im September in der Ukraine wieder lesen. Das war im Übrigen in…
…Lappeenranta…
…der letzten grösseren Stadt auf unserem Rundtrip, die diesen etwas sperrigen Namen, Lappeenranta, trägt. Der Stadtrundgang war ungeplant, aber wo die einzige finnische Doppelkreuzkirche steht, man mal wohin muss und Strassencafés erkennbar sind und wo so viele schöne alte Holzhäuser stehen – da kann man ja mal anhalten. Man kann nachlesen, was es zu sehen geben soll. Wir finden ein munteres Leben und Treiben auf den Strassen, es ist Sonntag, richtig warm. Am Hafen ballen sich Bevölkerung und Touristen, im kleinen »Museum« im ältesten Holzhaus der Stadt findet Lis etwas, was schon im Poesiealbum ihrer Großmutter klebte. Nur das Wichtigste, das finden wir am Abend in einem der Prospekte: Die Festung, von der aus man angeblich einen schönen blick auf die Stadt haben soll und die nirgends abgebildet ist, die übersehen wir. Sie soll auch militärisch eher unbedeutend gewesen sein: Von den Schweden erbaut, wurde sie von den russischen Truppen seinerzeit in fünf Tagen mal schnell eingenommen…
Den ursprünglich geplanten Grenzübergang bei Imatra haben wir uns interessehalber zuvor auch noch angesehen (nicht aber die Stadt selbst), wer weiss, wann einem das hilft…
Ferienstrassen…
…nennen sie die Via Karelia, dieSinenen tie, den Kuninkanntie/Kungsvägen, den Königsweg. Wenn man ihnen folgt, besonders natürlich dort, wo sie sich vom Hauptverkehrsweg abwenden und in die Büsche schlagen, erlebt man nahezu verkehrsfrei Landschaft, Natur, Unbekanntes-interessantes (an manchem fährt man wohl vorbei, weil man nicht versteht, was da geboten wird), Wies… – ihr wisst schon, die letzten Wochen, jeden Tag…
Ich komme auch deshalb drauf, weil nach einem Monat Zickzack durch Skandinavien dieser Teil unserer RundEuropa2012-Tour morgen wohl zu Ende geht. Die Fähre wird uns von Helsinki nach Tallinn bringen und damit wieder in bekannte, nichtskandinavische Gefilde.
Was mit einem Schock begann…
…in Norwegen endet hier in Südkarelien mit einer wunderschönen und harmonischen Fahrt auf der Museumstrasse Niskapietillän tie von Miettilä über Niskapietilä nach Immola, wieder eine Strasse mit vier Ziffern: 3981. Märchenwiesen, Blumenpracht, Anhalten, Einsteigen, Anhalten…
Jedenfalls: Zum Reinlegen.
Was danach kam und vermehrt wieder kommt, ist nur noch Zivilisationsstress: Städte, üppiger Verkehr, Ampeln, Lärm. Wir konstatieren: Finnland auf jeden Fall wieder, Schweden vielleicht, Norwegen wegen der fehlen Eindrücke vielleicht auch noch mal. Finnland bis ganz oben, Kirkenes vielleicht. Da liegt dann gleich Murmansk. Von dort aus könnte man dann über St. Petersburg nach Moskau, Karelien auf der russischen Seite – nur so als Gedanke, als Arbeitsgrundlage sozusagen.
Heute Abend keine Nobelherberge
Mit Erreichen der südöstlichen Schärenregion bei Hamina suchen wir eine Bleibe; so am Schärenstrand, das ist unsere Vorstellung. Wir finden einige Hinweise, aber die Häuser sind aufgegeben, tote Adressen. Selbst die Villa mitten in den Schären – ein Traum – ist zu, verrammelt. Auf einem Campingplatz kostet ein Hüttchen 81 €, kein Internet, kein Frühstück. Wir entscheiden uns dazu, bis Helsinki zu fahren und im Auto auf die Fähre zu warten. Wir haben schon Schlimmeres überstanden.
Da entdecke ich das Schild der »Villa Vanessa« – wie verführerisch, wir erinnern uns an Albanien, die Villa Baci.
Aber weit gefehlt. Wir landen vor einem Schuppen, so will es scheinen. Zwei nicht ganz taufrische Damen und ein kleiner Hund treten uns entgegen (wohl beide Russinnen…), Zimmer ja, Internet ja, Frühstück auch – 65 €. Wir schieben den ersten Eindruck zur Seite und nehmen das. Soweit ist alles ok, aber das Internet tut nicht im Zimmer, da wo es tut, gibt’s es keinen Strom, alle Steckdosen blind. Nach einem kleinen Einkauf (den Pizza-Döner-Verlockungen nebenan widerstanden wir) ging es uns etwas besser. Das Internet tut jetzt nach meiner eigenmächtig-heimlichen Intervention auch auf dem Zimmer. Und das Fliegengitter scheint seiner Bestimmung gerecht zu werde: Luft und keine Moskitos.
Tagesleitung, Tracks & Links:
- 2012-07-01;269;04:27;01:13;110;60.3;47.2;Parikkala-Siltakylä
- Track
Technorati Tags: Europa2012, Finnland, Natur, Photos, RundEuropa2012