Montag, 25.06.2012, 21:33:41 :: Junosuando, Rovas Motell & Stugby Ab Pub 395:AN
Montag, 13.08.2012, 21:33:30 :: Raudondvaris
Von Bardufoss nach Narvik
Skifahrermentalität stellt sich nicht ein bei uns, als wir am Morgen aus dem Fenster schauen,…
…unser Frühstück zu uns nehmen und uns umschauen, was uns so alles geboten würde, wenn wir denn blieben: Zwei Elche lagern in der Vorhalle, die Mitternachtssonne soll uns ans Nordkap locken, Schnorcheln und Skilanglauf zum Dableiben. Aber auch die Olympischen Ringe können uns nicht umstimmen.
Wir entscheiden uns für Frühstück und Abfahrt
Narvik ist unser Ziel, Stadtbesichtigung und Verladehafen interessieren mich am meisten. Immerhin ist Narvik der Erzhafen schlechthin. Seit meiner frühen Schulzeit schwirrt es unreflektiert in meinem Kopf: Abbau in Kiruna, endlose Eisenbahnstrecke durch Dunkelheit, Eis und Schnee, Verladen auf Schiffe in Narvik. Das Ganze in ewiger Nacht, die Menschen leben in extremer Kälte und sehen nie die Sonne. Weiter ging die Vorstellungskraft damals offenbar nicht. Jedenfalls: Jetzt wollte ich das mit eigenen Augen sehen. Bei Mittsommersonne, also dem genauen Gegenteil dessen, was da so in meiner Erinnerung schlummerte…
Die Strecke von Bardufoss nach Süden ist relativ stark befahren, gemütliches Zuckeln ist nicht möglich. Zudem…
nieselt oder regnet es mal wieder – aber wem sag‘ ich das.
So sind wir denn auch recht früh dran, trotz Brückenbaustellen und einigen Versuche zu fotografieren, schwierig bei viel Verkehr und wenig Haltemöglichkeiten an den entscheidenden Stellen. Schneebedeckte Bergketten immer vor uns wie die Möhre vor dem Maul des Esels, ab und an Seen, teils verträumt, teils unendlich weit, Gehöfte fast wie im Schwarzwald, Wiesen von Farnen, giftig grün, irgendwann auch wieder Fjorde.
Auf eine Kirche stossen wir,…
…die gerade eine neue Einfriedung des sie umgebenden Friedhofs erhält und geöffnet ist und die uns zum ersten mal einen wundervoll ausgemalten Himmel zeigt: Blaue Wolken und rote Blütensterne.
Und dann plötzlich…
…haben wir unsere erste Fjällberührung. Nach dieser Seenlandschaft, ein paar kleine Windungen höher,…
…rücken die schwarz-weiss gefleckten Berge ganz unerwartet näher an die Strasse, selbst die meterdicken Restschneebretter, Wasserfälle transportieren das Schmelzwasser hoch herab von den Hängen und unten, oft direkt neben uns, sammelt es sich in Bächen, Flüssen, Sümpfen und Seen.
Ein bisschen Sonne hätte uns und den Bildern gut getan. Aber sie hat es nicht geschafft. Oder sie wollte nicht. Ja…, aber was verlangt der regengeplagte Reisende (mit defektem Scheibenwischer!) nach fünfundzwanzig Tagen auch immer noch gross? Jedenfalls imponiert uns die neue Szenerie mächtig.
Fjordüberquerung
Diesmal nicht mit der Fähre. Eine imposante Hängebrücke quert kurz vor Narvik einen Fjord. Sie erhält gerade eine gewaltige Überholung an Trossen und »Masten«, was auch eine mächtige ampelbewehrte Baustelle bedeutet. Da stehen wir dann an die zehn Minuten, wohl wissend, dass wir da nachher auch wieder zurück müssen, denn Narvik ist nur ein Abstecher auf dem Weg nach Kiruna. Stehen also hoch über dem Fjord und merken nur an den tief unter uns passierenden Frachtern, in welcher Höhe wir da tatsächlich schweben.
Dabei werden wir ordentlich durchgeschüttelt vom entgegenkommenden Verkehr. So eine Hängebrücke ist ein richtig lebendiges Wesen…
Narvik…
…schlussendlich enttäuscht ein wenig. Grau-braun, geduckt am Fjord und an den Hängen, Industrie- und Hafenstädtchen eben. Egal, wo wir auf und ab fahren: Nirgends würden wir länger bleiben wollen. Selbst die Kirche vermittelt nicht das Gefühl jubilierender Freude oder den Eindruck, sie stünde in einer wohlhabenden norwegischen Stadt.
Es bleibt überhaupt der Eindruck: Die norwegische Wohlhabenheit – ich sagte das an anderer Stelle schon einmal – äussert sich nicht gerade in Lebensfreude versprühender öffentlicher Schau.
Und die Erzverladeanlage auf der gegenüber liegenden Seite der Hafenbucht fühlt sich schon aus der grossen Entfernung richtig gewaltig an mit ihren Silos, Laufbändern kreuz und quer und dem riesigen Laderüssel.
Fröhlich geht anders. Narvik – der Erzhafen, Quelle europäischer Schwerindustrie, umkämpft im Zweiten Weltkrieg, abgeschnürt, zusammengeschossen. An der Strasse, schon weit vor der Stadt, an bald jedem Hügel oder Abhang ein grosses Schild mit dem Hinweis, dass auch hier entscheidend gesiegt oder zumindest gekämpft wurde. Kein gutes Gefühl auf dem Weg dort hinunter zur Spitze der Bucht – hier waren »wir« auch…
Die Pfahlbauten von Narvik
Wir schlendern zunächst über die Piers des normalen Hafens, treffen u.a. auf die Niederlassung der Hurtigruten und auf Paletten mit Asphalt Mastix aus good old Germany, im Mai frisch produziert für norwegische Winterstrassen.
Wo kommt wohl der Asphalt für La Palmas Strassen her?
Im Hafen herrscht verschlafene Stimmung, als würde hier nie etwas passieren. Kleine Jachten dösen in einer Nische, ein Frachter liegt da längs wie ein toter Wal, keine Mannschaft sichtbar, kein Ladekran, der ihm etwas aus dem Leib hieven würde. Und auch weit draussen steht der riesige Verladerüssel in den Himmel gereckt aber still.
Je näher man dann der Verladestation kommt, umso bedrohlicher wirkt sie.
Wir tun ahnungslos und wagen uns über eine beschrankte aber nicht bewachte Strasse mit schönen alten Holzhäusern…
…so nah wie möglich ran und haben das Glück, dass sich gerade ein endloser, nicht enden wollender Erztransport langsam zur Entladestelle schiebt, geschoben, wie sich viel später zeigt, von einem wahren Giganten von einer E-Lok.
Wir sind mittlerweile auf einer Riesenbaustelle gelandet, auf der noch die alten Träger der wohl vordem aktiven Verladebrücke stehen; stumme Riesen, arm- und funktionslos. Der Zug fährt heute weiter oben auf einem Damm oder einer Art Betonrampe, langsam und nicht enden wollend rollen die Loren.
Die Baustelle entpuppt sich freundlicherweise auch als Parkplatz des nagelneuen KONSUM-Super-Einkaufszentrums – Zufahrt von der anderen Seite – und so kann Lis losziehen und Essen & Trinken besorgen, der einzige normale Einkauf in Norwegen. 35 € für die paar Sachen waren heftig – norwegisch eben. Eine Trost: Heute Abend wollen wir schon wieder in Schweden sein, Kiruna ist das nächste grössere Ziel.
Nach einem Abstecher zum kleinen Flugplatz unten am Meer und die Bahnanlage, diesmal von oben, war’s das dann mit Narvik.
Picasa
––> Teil 2: Narvik – Kiruna
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