* Rund Europa 2012, 81. Tag: Raudondvaris – Augustów

Montag, 20.08.2012, 22:17:55 :: Augustow, Hotel Laguna
Dienstag, 21.08.2012, 10:59:03 :: Augustow, kurz vor der Abfahrt

Die erste Etappe unserer Rückreise war nun wahrlich nichts Neues. Und dennoch: Immer wieder schön, dieses Gleiten durch Dörfer, Wiesen und Wälder in Südwestlitauen,…

…nördlich der Grenze zu Belarus und dann plötzlich, nach Passieren der »ehemaligen« Grenze die ganz andere Landschaft Nordostpolens. Von den in den Neunzigerjahren schnell und für die Ewigkeit hochgezogenen Grenzanlagen ist nun endgültig nichts mehr zu sehen – jedenfalls für »Neulinge«. Die EU hat die Trasse durch die Zollanlagen jetzt endgültig begradigt, nur die Strassenbauarbeiten lassen vermuten, dass hier mal was anders war.

Die noch stehenden Gebäude liegen weiter ab, nicht mehr »am Wege«. Am Rastplatz finden wir noch die letzte klägliche Tankstelle mit »Café«, wir sind die einzigen Gäste. Die Wände, der Tresse, der Boden: alles voller ausgestopfter Tiere, was die Wälder hier so hergeben: Wildschweine, Frischlinge, Auerhähne…

Dass es nun, ab der Grenze, regnen muss, das verdanken wir wohl der Vorfreude darauf, dass wir für solche Fälle diesen reparierten Wischermotor habe – aber die Geschichte ist ja nun mittlerweile ein totgerittenes Pferd. Dennoch: Die Freude darüber, dass er wischt, ist wirklich und noch immer ungebrochen. Unglaublich.

In Ladizjai packen wir unsere letzten Litas in den Tank – fast, es passt doch nicht alles rein. Der Rest ist eben für nächstes Jahr oder so. Da feiert Grossvater und Vater Vincas, der Senior seinen Siebzigsten, dieser Tage im August hat er den letzten Sechziger. Was er beim Abschied mit grossem Stöhnen quittierte, als wir ihn darauf ansprachen. Er ist eben eher der Einsame, der Schaffer. Aber so wie wir mit ihm und grosser Gemeinde seinen Sechzigsten gefeiert haben, muss auch der nächstes Jahr gefeiert werden. Die Familie wird das anordnen und durchziehen. Damals tanzten wir Sirtaki – mal sehen…

Hotelsuche

Booking.com offerierte gestern eine ganze Reihe, fand Lis. Aber wir finden nichts in der Stadt. Plakat- und Schilderwüste. Polen, wie es leibt und lebt. Selbst wenn wir eines gefunden hätten: Es wäre kein Segen gewesen.

Wir landen in der Laguna, am Ende einer Holperstrecke, mitten im Wald am See. Nur ein paar hundert Meter. Lis macht sich auf den Weg, Fotosafari.

Wir beziehen ein Zimmer mit Fensterfront zum nächsten Zimmer, das wiederum eine Fensterfront, die aber zum Wald, hat. Wir reissen alles auf. Der zweite Raum ist mit Stellwänden und unbepflanzten Blumenkästen abgetrennt vom danebenliegenden Chinarestaurant. Das ist geschlossen, wir haben also gewissermassen zwei Zimmer, gehen darin auf Teppichen wie auf Moos. Und wir haben Sessel, Couchgarnituren, Beistelltische, Kühlschrank, Fernseher natürlich. Nur der Schreibtisch, der ist vor dem Zimmer: Ein kleiner runder Tisch, von dem ich die Riesen-China-Pappvase mit Papierkirschblüten entferne. Dort tut auch das für alle Zimmer versprochene Internet.

Dort lerne ich dann auch die wenigen Mitgäste kennen, en passant wenigstens, wenn sie an mir vorüberziehen auf ihre Zimmer. Wo sie herkommen? Keine Ahnung. Das französische Pärchen, aparte Blondine und schwarzhaarigen Hüne, sie haben einen Hund, ebenfalls schwarz. Die waren also wohl Gassi mit dem.

Das Abendessen …

…können wir im Freien unterm Sonnenschirm aber ohne Sonne einnehmen. Die Speisekarte scheint reichlich. Aber sie ist komplett in Polnisch. Das Mädel von der Bar hat Arbeit. Wir sind die einzigen Gäste und sie berät uns in Polnisch. Wir verstehen kein Wort und bestellen dennoch. Sie bemüht sich wirklich rührend und bringt dann einen Riesensalatteller mit (für mich) zu scharfem Dressing und einen Riesenpommesteller, die gewellten Stächen (ihr kennt sie alle, EU-Norm) an einem kleinen trockengegrilltem aber schmackhaftem Hühnerbrüstchen. Das Ganze mir einer souveränen Eissalätchengarnitur mit Majohäubchen.

Wir sind noch nicht fertig, da fragt sie uns, wie wir zahlen möchten; zumindest nehmen wir das an. Ich zeichne mit den Fingern ein Kärtchen und sage »Visa«. Das versteht sie und kommt umgehend mit der Rechnung und der Cashmaschine. Wir aber wollen noch einen Cappuccino zum Abschluss. Sie strahlt, das hat sie verstände und kommt nach einiger Zeit zurück – mit einem Cappucco und einer neuen Rechnung. »Zwei« bedeuten wir ihr. Sie strahlt, klatscht sich, immer lachend, mit der flachen Hand an die Stirn und verschwindet.

Auftritt nach einer Weile und unsere kleine Blonde mit der zweiten Tasse, schön mit Kaba bestreut wie die erste. Und mit der dritten Rechnung. Und der Cashmaschine.

Wie gibt man dem lieben Mädel, dem wir einen derart arbeitsreichen Abend beschert haben, ein Trinkgeld? Ohne Sloty? Sie bekommt unseren letzten 20-Litas-Schein aus Litauen und kann es nicht fassen. Aber sie strahlt.

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