Dienstag, 11.09.2012 :: Mittwoch, 12.09.2012 :: Naxos, Hotel Elizabeth
Donnerstag, 13.09.2012, 11:42:16 :: Naxos
Wieder zurecht finden?
Das ist in Naxos nicht nötig. Man findet eigentlich alles so, wie man es verlassen hat und gewohnt ist. Die wenigen Dinge, die sich geändert haben seit letztem Jahr, ja in den letzten 28 Jahren – sie sind marginal gegenüber dem, wie die Welt sich verändert. Bequemlichkeit? Fortschrittsfeindlich?
Ich glaube nicht. Es gibt einfach Dinge, die müssen sich nicht ändern. Beispiel: Es gibt hier nach wie vor keine Hotelbunker. Die paar Hotels, in denen man sich fühlen darf wie in jedem beliebigen Ressort an jedem beliebigen Ferienort, muss man hier suchen, sie haben ein, zwei Stockwerke und verbergen sich irgendwo hinter den Dünen. Wer sie nicht sehen will, bekommt davon nichts mit. Oder die Chora, die Hauptstadt der Insel: Sie hat ihren ursprünglichen Charakter weitgehend erhalten. Der Tourismus ist sichtbar, die Geschäfte und kleinen Kruschtelläden, die alteingesessenen und die (sogenannten) Restaurants an der »Hafenmeile«, es gibt sie auch hier; es werden auch immer mehr. Und auch weitet sich die Stadt aus ins Umland mit Neubauten. Aber der Charakter ist geblieben, der Blick, wenn man um die Bucht geht, zurück auf die Stadt mit ihrem dominierenden Kastro, der venezianischen Burg und dem Ursulinerinnenkloster. Gut, die Sonnenschirme, der als Massengrill mit Liegen vollgestellte Strand… Der wir jetzt zurückgebaut, wird verschwinden. Einzig der architektonische und ökonomische Missgriff, dieser Restaurantversuch, der die winzige Halbinsel in der Georgosbucht verunstaltet und optisch in einen Trümmerhaufen verwandelt hat, der stört. Dieser und der im Südwesten, in Aliko, gelegene noch viel grössere Sündenfall, in keinem Reiseführer, in keinem Touristenportal findet er sich. Mittlerweile gut hinter den gefährdeten Strandwacholderbüschen versteckt schlummert dort eine moderne Ruinenstadt, niemals fertiggestellt, niemals mit den geplanten Menschenmassen gefüllt – welch ein Glück für die Insel, welch ein Segen für Wasserhaushalt, Infrastruktur und so manches andere.
Die Hänge der Stelida und der Vorhügel füllen sich langsam mit Studios und Feriendomizilen, das ist wahr. Vorhaben, bei denen man sich fragt, wer so bekloppt sein kann, dort Urlaub zu machen. Ich weiss nicht, was da geht, es kümmert mich nicht. Ich frage mich nur, wie weit die Menschheit noch gehen will in ihrer Vernichtung von Landschaft, der unsinnigen Aneignung von Naturraum, den wir vor mehr als zwei Jahrzehnten nur mit Hirten und deren Ziegen geteilt haben, wenn wir da schwitzend herumgekraxelt sind – bis der Flughafen doch gebaut wurde. Die Stelida diente als Steinbruch, um den riesigen Salzsee, dieses Vogelrefugium, voll zu schütten, zu planieren.
Vielleicht hat sie doch sehr viel geändert? Wenn man das alles ignoriert, nur auf eigene Faust sich vorwärts tastet, dann nicht. Für den, der per Katalog wählt und hier einfach rein gesetzt wird ins Paradies der Kunstsiedlungen, sowieso nicht. Nur wer genauer hinsieht, der wird wehmütig erkennen, was fehlt. Und was unnötig ist und war.
Aber es wird jetzt Herbst…
…da wird es leerer, viele und vieles verschwinden, die Gyros-Altöl-Fahnen werden zum grossen Teil eingeholt, die Stofffetzenschnäppchenshops stossen noch ab, was irgend geht; alles andere hängt dann im April/Mai nächstes Jahr wieder hier. Oder eben nicht. Weil auch dieser Versuch, am Tourismus zu verdienen, wieder gescheitert ist. Wie jedes Jahr, wie schon immer. Auch schon vor achtundzwanzig Jahren.
Doch, auch das hat sich geändert: Wo früher die jungen griechischen Männer die Gastronomiestellen fest im Griff hatten, sie nach und nach auch den Mädchen und jungen Frauen überlassen haben (ja, ok., ab und an kellnerte da auch ein Mädel aus dem Norden, um sich den Sommer über hier über Wasser zu halten), während sie sich auf Mopeds und Motorräder schwangen um nach ebenfalls suchenden Touristinnen Ausschau zu halten – da wird man Mühe haben, eine Bedienung zu finden, die nicht aus Albanien, Bulgarien oder aus Kroatien stammt.
Und die Preise. Aber das führt jetzt zu weit. Jedenfalls hat sich doch viel verändert. Nur die Krise, sie ist hier nicht so zu spüren, wie das in Piräus der Fall war, der Tourismus auf der Insel hat soweit wohl wieder funktioniert dieses Jahr. Die letzten Engländer, Franzosen und Skandinavier kommen und gehen. Und wir verziehen uns erst mal nach Azalas.
Dort steht die Zeit zwar auch nicht still, aber sonst scheint dort alles wie gewohnt. Die Krise und ihre Folgen sind nicht sichtbar. Aber sie hat ihre Auswirkungen ganz bestimmt. Und zwar bei denen, die sie bestimmt nicht verursacht haben. Aber sie lassen sich das nicht anmerken. Sie arbeiten einfach weiter. Was sollen sie sonst tun? Unser Käptn zum Beispiel, kam heute morgen wieder mal an unseren Frühstückstisch bei Maria. Kurz mal Pause machen, ein Schwätzchen halten: Ein Unikum, ein Schaffer vor dem Herrn. Vor 28 Jahren hat er uns als first-time-Touristen um die Stelida geschippert, er fährt das Notfallboot zwischen Syros und den anderen Inseln hier, hat einige Jahre in Deutschland gearbeitet, daher auch sein Deutsch, er hat mittlerweile zwei Kneipen und er macht vor dem Rathaus sauber. Nur wenig kommt in Sachen Krise über seine Lippen. Sei eben Saisongeschäft, das mit den Kneipen…
Er arbeitet. Ein typischer Grieche, wie ich finde…
Apropos Kneipen…
…Da haben junge Leute ein neues Restaurant aufgemacht, oben am Pass bei Ag. Ioannis, kurz vor Apiranthos: Top ausgestattet, mit Stil und und viel guter Laune und Zuversicht. Anfang August haben sie eröffnet, zu spät, um den Touristenstrom noch nutzen zu können, aber – Schulterzucken – wir werden sehen, was kommt… Internet gibt’s, klar.
Und eine wunderschönen Blick.
Links:
- Der Müssiggang will in der Moderne nicht nur geübt sein, er muss auch durch Arbeit erdauert werden.
- Vom Recht auf Faulheit
- Russell: Lob des Müssiggangs
Technorati Tags: Albanien, Bulgarien, Europa2012, Griechenland, Inseln, Internet, Kultur & Gesellschaft, Naxos
schön das ihr gut angekommen seid
ich lese deine zeilen unnd schaue mir deinen typ. on the road fotos an
das neue restaurante auf dem Pass bei Ag. Ioannis, könnte überall stehn
sie müssten schon ganz was tolles bieten das ich dort drinnen einkehren würde
aber terasse ist ja ganz ok
die links
zur faulheit hmmmm
ja für einige ist es wohl sehr schwer faul zu sein nix zu tun..
aber ich bin sehr geübt darin den ich habe sehr früh angefangen mit der lehre……
2 link
zu lang. die faul heit umzingelt mich
Je grösser die faulheit……..
deshalb nie mehr arbeiten wer keine lust hat
http://de.wikipedia.org/wiki/Initiative_Grundeinkommen
http://de.wikipedia.org/wiki/Netzwerk_Grundeinkommen
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herbst
ja hier in finnland ist es heftig herbst
ich hole schon mahl meinen koffer äh rucksack aus dem keller
noch nächste woche….. dan bin ich wieder mahl in ellada
kanns kaum erwarten…… hoffe es ist nicht mehr zu warm……
bis bald/jamas
henry