* Rund Europa 2014 Nord, 15. Tag: Vergangenheit und Gegenwart im Zentrum Europas

Montag, 18.08.2014, 18:48:44 :: Raudondvaris
Mittwoch, 17.07.2019, 16:49:39 :: Raudondvaris, Picasa entfernt

Europas Zentrum

Vor fast genau zwei Jahren habe ich über Liubavas und die Umgebung berichtet – über das Zentrum Europas noch viel öfter und über den angrenzenden Golfplatz auch Makaber-Kurioses. Warum also immer wieder?

Nun, wir haben heute wieder die drei Plätze besucht; nach zwei Jahren kann sich ja manches geändert haben. Hat es auch. Leider.

Liubavas

Dieser Ort ist so geheimnisvoll wie verwunschen und hat eine dramatische Geschichte, die man nicht erahnt, wenn man den Sandweg zur Wassermühle hinunter fährt, die der Künstler Gintaras Karosas zum Museum ausgebaut hat – zu idyllisch liegt es alles da, das Zerfallene, die Teiche, die kleinen neueren Holzhäuser, in denen Menschen wohnen und die kläffende kleine Köter ausspucken, die einem ans Bein wollen.

Rest der Kirche

Teich, der die Mühle speist

Ein paar neue Bilder, auch in der Picasa-Galerie mögen das belegen. Das Herrenhaus dieser Jahrhunderte alten Anlage existiert nicht mehr. Es wurde niedergebrannt, seine Bewohner flohen, die Restgebäude wurden z.T. zu Gefängnissen während der Sowjetzeit. Vielleicht mag ja jemand auf der Webseite von Liubavas oder bei mir weiter lesen, ich verzichte hier auf Weiterführendes. Ich habe die junge Frau am Tresen des Museums wieder befragt: Es gibt nicht wirklich Neues, die Geheimnisse bleiben. Und so bleibt ein komisches Gefühl beim Betrachten der Landschaft und der Ruinen.

Das Zentrum Europas…

Links geht’s zum Zentrum, rechts zum Golf

Nicht viel anders geht es mir an der Stelle, an der die französischen Wissenschaftler das Zentrum Europas verorten. Man ist ja als »Westler« stets geneigt, den eigenen Bauchnabel als Zentrum zu wähnen. Er liegt aber im Osten, wie auch Benedikt Vogel, Autor von »Ostwärts – Schweizer im neuen Europa« schon 2004 bemerkte und sein Rezensent es formulierte:

In seiner Einleitung rückt Vogel mit der EU-Erweiterung die Schweiz in die Peripherie Westeuropas und ermahnt jeden, der von hier aus in die Mitte will, dass er ostwärts aufbrechen muss.

Benedikt Vogel, Ostwärts – Schweizer im neuen Europa
Orell Füssli Zürich, 2004, ISBN 3-280-06043-5

Und das erleben wir ja derzeit in beängstigender Weise in der Ukraine. Was ich dazu geschrieben habe, stiess z.T. auf Widerspruch; aber es kam bekanntlich weitaus schlimmer. Ich beteilige mich nicht mehr an der Diskussion. Aber es passiert dies alles 1.200 Kilometer süd-östlich von hier, in entgegen gesetzter Richtung landen wir in München, wenn wir ein gleichschenkliges Dreieck aufziehen mit seiner Spitze hier oben; Lwiw (Lemberg) liegt in etwa auf gleichem Längengrad…

Aber ob es hilft, in der Peripherie, in Deutschland oder der Schweiz zu leben…? Ich will es weiter gar nicht ausführen, es sind eben Gedanken, die einem so kommen, wenn man hier steht, die Golden Krone der Europäer und ihrer Flaggen ansichtig. Erbärmlich das Bild, das wir abgeben als Bananenrepublik-Ableger, verglichen mit den stolz aufgepflanzten Fähnlein.

Der Golfplatz…

…bzw. sein Clubhaus liegt nur 600 Meter Luftlinie weiter entfernt. Nach wie vor ein schönes Plätzchen für einen kleines Essen oder auch nur einen Cappuccino. Dass sich hier die »grosse Welt« trifft, ist vielleicht übertrieben, aber Litauisch hört man eher selten. Und vielfach findet man bestätigt, dass viel Geld nicht unbedingt Ansätze von Kultur gebiert oder gar viel davon bedeutet. Aber dicke Autos fahren und manierlich essen, das muss nichts miteinander zu tun haben.

Jedenfalls merkt man nichts davon, dass die Russen in grosser Zahl in Kürze hier einfallen, die Bälle fliegen flach und nicht allzu weit und verfehlen ihr Ziel fast immer – auch die der anwesenden Russen.

Nachtrag:

2014.08.19, 14:01 :: Telepolis, Die Guten und die Bösen :: Mathias Bröckers/Paul Schreyer 18.08.2014

Ansichten eines Putinverstehers

Wladimir Putin ist Macho und Macher, Zar und Star, coole Sau und weiser Patriarch – der Alleskönner in der Champions League der Weltpolitik. Er angelt die dicksten Fische, reitet zu Pferd durch die Taiga, fliegt mit Kranichen im Ultraleichtflieger und steuert Düsenjets. Er betäubt den sibirischen Tiger mit einem gezielten Schuss, spielt Klavier, singt Fats Domino und kann Goethe rezitieren. Er ist sportgestählt und trägt den schwarzen Gürtel im Judo, ist Doktor der Rechtswissenschaft, Ex-Major des Geheimdiensts und Präsident des größten Flächenlands der Erde. Ohne Frage: ein Held.

Dieser Beitrag wurde unter Kultur + Gesellschaft, LT, RundEuropa2014 abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar