Donnerstag, 07.07.2016, 23:27:42 :: Raudondvaris
Gestern war Litauischer Nationalfeiertag. Einer von dreien. Dieser hier bezieht sich auf den Gründungsmythos um König Mindaugas I.:
Mindaugas (deutsch Myndowen, polnisch Mendog, weißrussisch Міндоўг, Mindoug, russisch Миндовг, Mindowg), (* um 1203; †12. September 1263) regierte zwischen 1238 und 1263 als litauischer Fürst bzw. später Großfürst. Im Sommer 1253 erhielt er auf Veranlassung des Papstes Innozenz IV. sogar die Königskrone. Der Krönungstag ist heute ein offizieller Feiertag in Litauen.[1] Um dies zu ermöglichen, wurde dieser auf den 6. Juli 1253 festgelegt.
– Wikipedia
Ich habe seit 1995, als ich erstmals nach Litauen kam, das Gefühl, dass die nationale Identität in den Baltischen Staaten eine enorme Bedeutung hat; anders hätten sie als derart kleine Völker die ständige Fremdherrschaft und das Hin- und Hergeschiebe nicht überlebt. Das – und nicht nur das – haben sie mit den Griechen gemein. Vielleicht war das Zusammentreffen der Litauer und der Griechen im 14. bis 16. Jahrhundert an den Gestaden des Schwarzen Meeres da irgendwie befruchtend…
Ich bin durch verschiedenste Beobachtungen und Erlebnisse eh‘ der Ansicht, die Litauer seien die Griechen des Nordens.
Sei’s drum. Gestern Abend um 18 Uhr war Auftaktveranstaltung der für das bis zum Wochenende dauernde Festprogramm und wir hatten das Glück, Karten geschenkt zu bekommen. Trotz des sich ankündigenden Unwetters pilgerten die Menschen jeden Alters und Geschlechts zum Vingio Parkas in Vilnius. (Facebook)
Auf seine Geschichte will ich mich hier nicht einlassen, es ist schwierig etwas zu finden, das nicht Litauisch ist. Jedenfalls ist es heute ein sehr schöner grosser Park mit einer monumentalen zentralen Konzertmuschel.
Nun muss man ausserdem wissen und bedenken, dass Litauer und Letten grosse Freunde des Gesangs sind. Sing- und Gesangveranstaltung in grosser Zahl finden überall mit immenser Beteiligung statt. Selbst als Flashmob mitten auf dem Wochenmarkt in Vilnius oder bei Familienfeiern – mit Inbrunst gesungen und geschunkelt wir immer und überall.
So auch heute und hier. Ich schätze die Teilnehmer der Chöre in der Muschel alleine auf drei bis vier Tausend; wenn das reicht.
Es wird eine Flamme feierlich entzündet, Fahnenträger alles Landesteile und Städte ziehen ein, ein/e Dirigent/in nach dem/r anderen versucht von einem hohen Podest vor der Muschel, die Chöre mit grosser Emotion und entsprechenden Gesten stimmlich im Takt zu halten; das klappt auch sehr gut, sie sind alle ja sangesgeübt.
Das Ganze findet natürlich unter Wolkenbergen statt, die über den Park hinweg ziehen und hin und wieder Regen ablassen. Die ganz grossen Wassermassen bleiben uns aber erspart, die wir nur mit unseren Regenschirmen auf der Bierbank sitzen. Die Litauer stört der Regen ja nicht wirklich. Alle packen ihre Regenhaut aus und wieder ein, klappen ebenfalls die Schirme auf und zu. Litauen heisst nicht umsonst Lietuva, »Regenland«…
William Altman, honorary consul for Lietuva/Lithuania in Houston, told me „Lietuva is Lithuanian for ‘land of the rain‘ as the country is very green and lush and gets significant rainfall each year.“ So why don’t we call it Rainland? There’s Iceland, Greenland, Switzerland, Swaziland and England, but I don’t think anybody is using Rainland.
– Quelle: Statesman: We say Lithuania…
Anmerkung: Vielleicht, weil man es dann mit »Rheinland« verwechselt…
Ich gestehe, zuweilen erinnert es mich an Massenveranstaltungen in Russland, China und in unserer unseligen Vergangenheit. Aber hier ist es eben eine lange, stete Tradition, wie gesagt, völlig unabhängig vom Alter.
Wir ziehen nach fast 2 Stunden ab – das Sitzfleisch…