Im Stacheldraht hängendes Denken…

Mittwoch, 10.08.2016, 13:39:16 :: Raudondvaris

…überschreibt DIE-ZEIT-Kolumnistin MELY KIYAK ihre aktuelle Wochenkolumne. Und sie trifft wie immer den Nagel auf den Kopf.

Warum haben wir nicht mehr Journalisten/innen wie sie in den Redaktionen? Und mehr Leser???

„Seht ihr, wie sie sich wegen einer Handvoll Flüchtlinge zerfleischen?“, amüsierte sich der türkische Präsident während irgendeiner Ansprache. Und er hatte recht. Dieses Europa hat sich wegen einer Handvoll Flüchtlinge in eine Situation katapultiert, die so peinlich und entwürdigend, so armselig und beschämend ist, dass sie sich ihr Recht auf moralische Überlegenheit, egal welchem Regime gegenüber, verwirkt hat.

…

Kürzen wir es ab. Die Flüchtlingssituation wurde zu keinem Zeitpunkt gelöst. Weder mit noch ohne Deal. Menschen, die fliehen, festzuhalten, ist keine zeitgemäße Antwort auf Krieg und Vertreibung. Die EU könnte ihre derzeitige Energie, die sie darauf verwendet, mit einem uneinsichtigen Präsidenten der Türkei zu verhandeln, darauf verwenden, mit ihren uneinsichtigen Antidemokraten innerhalb der eigenen Union zu streiten. Die haben dafür gesorgt, dass mit der Türkei dieser Deal angestrengt wurde. Das ist nicht Erdoğans Werk. Sondern das Europas. Ein Europa, das auf ein paar Flüchtlinge mit Nato-Draht, Brexit, Internierungslagern, Hass und Rassismus reagiert. Ein Kontinent, der sich panisch einzäunt. Nicht nur physisch, entlang der Ländergrenzen, sondern politisch. Der EU-Türkei-Deal ist steckengebliebenes Denken im Stacheldraht.

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