Dienstag, 23.08.2016, 22:01:28 :: Biała Podlaska, Hotel Delfin
Dienstag, 13.09.2016, 12:47:04 :: Purcari
Ansich ist auch dieser zweite Tag eher Routine: Es gibt nicht mehr viele Strecken entlang der Ostgrenze von Polen, wenn man hier seit Jahren immer wieder gefahren ist. Und die Hauptstrecke nach Bialystok, die nehmen wir nun ganz bestimmt nicht.
Aber abwarten…
Zunächst scheint erst mal die Sonne wieder am nächsten Morgen, das ist ja schon mal was.
Nach dem reichlichen Frühstück inmitten der aufgeregten Kinderschar machen wir uns auf den Weg nach Süden und wählen die Strassen, die am dichtesten der Grenze zu Belarus folgen. Hier oben gibt es tatsächlich (mittlerweile?) noch eine, auf der wir bisher noch nicht entlang gefahren sind.
Wir fahren zunächst durch dichte Wälder, hier war die Holzressource des Zaren, als er die Kanäle um Augustów bauen liess.
Später weitet sich das Land zu angezogenen Wellen aus Acker- und Brachland, Blick zuweilen bis zum Horizont.
Hier mal ein Überblick, worüber ich rede: Wir fahren nach Podlachien, dicht an der weissrussischen Grenze.
In Lipsk treffen wir auf die erste stattliche Kirche. Es ist ein neogotisches Exemplar aus dem Jahr 1906, also ein eher jungen Bau. Dennoch beeindruckt sie uns.
Ja, Kirchen in Polen. Hier oben im Osten ist alles »stockkatholisch«, also römisch-katholisch. Man stösst in jedem Dorf, an fast jeder Wegkreuzung auf einen Marinealtar oder zumindest ein Wegkreuz mit bunten Bändern.
Und eben auf die entsprechenden Kirchen. Das Dorf mag noch so traurig entlang der Strasse und im Hinterland verstreut da liegen – eine Kirche muss sein.
Wenn das Geld ausgeht, steht sie eben im Rohbau, aber man sieht, dass man sich müht…
Das wird dann im weiter südlichen Teil anders, wie wir noch sehen werden. Denn weiter nach Süden verlieren sich Wegkreuze und Marienaltare fast ganz und weichen nahezu ausschließlich orthodoxen Kirchen um dann aber ungefähr am Dreiländereck Polen-Belarus-Ukraine massiv wieder aufzutauchen.
Ein Tartarendorf
Und wer würde hier in Podlachien vermuten, auf ein tatarisches Dorf mit Moschee und Friedhof zu stossen? Das passiert einem zum Beispiel in Kruszyniany, knappe vier Kilometer von der weissrussischen Grenze entfernt: Ein alter Hof mit einem Gewirr von Häuschen, Gängen, Veranden, Treppen, Stiegen. Und ein paar hundert Meter weiter gelegenen eben einer hölzernen grünen Moschee aus dem 18. Jahrhundert.
Es sind schiitische Tataren, die hier immer noch als Minderheit ansässig sind. Diese ursprünglichen Lipka-Tartaren beziehungsweise ihre Nachfahren finden sich auch in Litauen, besonders auch in Trakai. Ihre Ansiedlung erfolgte im 14. Jahrhundert im Grossfürstentum Litauen, das ja einmal vom Schwarzen Meer bis an die Ostsee reichte.
Zur Besichtigung des Inneren der Moschee herrscht reger Andrang, so dass wir nach kurzem Warten darauf verzichten und weiterfahren.
Nun wird es orthodox
Die nächste Kirche finden wir in Michałowo, schöne Holzkirche. Es gab hier wohl auch einmal eine deutsche Kirche, nach der wir aber nicht gesucht haben, weil wir von ihr nicht wussten. Ihre Ruine wäre wohl zu finden gewesen.
Hier ist also in etwa der Übergang vom römisch-katholischen zum orthodoxen Gebiet, das das weiter südlich sich eher auf der ukrainischen Seite fortsetzt, denn nach einer Strecke mit nur orthodoxen Kirchen tauchen später wieder Marienaltare und Wegkreuze auf.
In der Gegend um Hajnówka treffen wir auf mehrere der sehr häufig anzutreffenden Neubauten orthodoxer Kirchen. Die meisten Bewohner hier sind Weissrussen und orthodox.
Mit dem Überqueren des Bug wechseln wir von Podlachien nach Masowien und später nach Lublin (Karte w.o.).
Nach etwas öde werdender Fahrt haben wir’s dann geschafft.
Und damit erreichen wir bald auch unser Tagesziel Biała Podlaska, wo wir im schon gewohnten Hotel Delfin einziehen; diesmal ist wieder ein Zimmer frei, trotz Reisegruppen.
Buchweizen
Ich esse an diesem Abend zum ersten mal aus Neugierde Buchweizengrütze zum Gulasch. Buchweizen. Der wird hier immer wieder grossflächig angebaut, in Litauen, in Polen, in der Ukraine. Wo wir dabei sind: Mais in grossem Umfang, Tabak, Bohnen, Baum- und Beerenstrauchkulturen begegnen uns, Sojabohnen sowieso.
Und als Bonus für’s Aufessen kommt uns dann noch ein Heislussftballon entgegen geschwebt, der, dem Brenner sei’s gedankt, rechtzeitig so rasch an Höhe gewinnt, dass er nicht im Restaurant landet.