* Rund Europa 2016 (3), 19. Tag: Khmelnytskyi – Mohyliw–Podilskyj

Freitag, 09.09.2016, 20:23:45 :: Mohyliw–Podilskyj, Hotel Smaragd

Wir haben es getan

Wir sind heute Morgen tatsächlich los gefahren, nicht ohne nochmals ein entspanntes und genussreiches letztes Frühstück in »unserem« Restaurant Spiegel zu geniessen. Ich denke mir, dass dies zu lesen langsam langweilig wird – uns hingegen nicht. Selbst die Speisekarte fasziniert uns immer wieder.

Kleine Hilfe: 200 Griwna = 6,80€

Das Senfle sprang übrigens einfach an heute Morgen. Die kurze Aufladerundfahrt gestern hat also gereicht und die neue Batterie muss auf ihren Einsatz warten.

Wir wollen heute die Festung Medschybisch aus dem 16. Jahrhundert besuchen, die an der Strasse nach Winnyzija, der nächsten grösseren Stadt im Osten liegt, ehe wir dann nach Süden abbiegen um zur Schonung meines Beines möglichst rasch an die Grenze hinüber nach Moldawien zu gelangen.


Google Earth

Die Reste der Heldenverehrung vom ja längst vergangenen Unabhängigkeitstag mit ihrem nationalistischen Einschlag verfolgen uns immer noch; erst recht wenig später… Hier in dieser Kirche wird für das anstehende Wochenende geputzt und gewienert. Mit einem freudigen und nicht enden wollenden Redeschwall werden wir eingeladen, das Gotteshaus zu besichtigen. Lis spendiert ein paar Kerzen und als wir noch eine Spende da lassen, sind sie vollends entzückt; wohl nicht viele interessieren sich für ihre prunkvoll geschmückte Kirche hier draussen in Holoskiv, dieser unbedeutenden Streusiedlung.

Und schneller als gedacht erreichen wir Medschybisch am südlichen Bug (an dem mi.ü. auch Chmelnitskyi liegt), der hier zu einem kleinen See aufgestaut ist…

…und werfen den ersten Blick auf die wahrhaft riesige Festungsanlage.

Im 14. Jahrhundert gehörte der Ort [Medschybisch] zum Großherzogtum Litauen, nach 1596 zur Adelsrepublik Polen-Litauen.

Die bekannte Festung Medschybisch, die 1540 von Hauptmann Nikolai Siniawski errichtet wurde, ist trotz der Unruhen in der Geschichte der Stadt immer noch erhalten. 1593 erhielt die Stadt das Magdeburger Recht, was ihre Bedeutung erhöhte und den Handel stärkte. Im 17. Jahrhundert hatte Medschybisch ca. 12.000 Einwohner (nur 3000 weniger als das damalige Kiew). Die Stadtbevölkerung bestand aus Polen, Juden, Ukrainern, Armeniern, Griechen, Deutschen, Tataren und anderen. Die Messen in Medschybisch wurden von Kaufleuten aus Polen, Deutschland und Italien besucht.

Zwischen 1672 und 1699 wurde Medschybisch von den Osmanen besetzt und die Kirche in eine Moschee umgewandelt.

Im 18. Jahrhundert wurde die Stadt ein Zentrum des Chassidismus, der Gründer der Bewegung, Rabbi Israel ben Elieser, besser bekannt unter dem Namen Baal Schem Tov, wohnte und starb in Medschybisch. Nach seinem Tod 1760 wurde sein Grab ein Wallfahrtsort.

Zur Zeit der Sowjetunion wurde die Stadt zu einem provinziellen Dorf.

Wikipedia

Aber das mit Festung dauert dann doch etwas länger. Sie beherbergt mehrere Museumsabteilungen und der Andenkenverkäufer vor dem Tor macht uns darüber hinaus darauf aufmerksam, dass Medschybisch die Reste von drei Synagogen zu bieten hat, zeigt auch in einen groben Plan des Dorfes, den er uns schenkt; wir finden trotz mehrfachem Durchfahren nichts, was uns an eine Synagoge erinnern müsste. Dennoch hier ein paar Eindrückencke, ehe es dann in die Festung geht.

Kneipe?

Kirche

Palast

Kiosk

Kulturzentrum

Korbmöbelverkauf

Nach dieser mehrfachen Stadtbesichtung wenden wir uns endlich der Festung zu.

Festungsecke

Seitenwand

Eckturm

Eingang

Infotafel

Der Innenhof ist riesig, es wird eifrig restauriert, die Kirche ist schon fertig.

Innenhof

Kirche

Innenraum der Kirche

Hier ein paar Blicke in die Museumsräume

Dieser Tisch mit seinen Kriegsinsignien und verherrlichenden Schriften wird durch die schwarz-rote Fahne als die der UAA. der Ukrainische Aufständische Armee ausgewiesen, wir hatten das bereits auf der Fahrt nach Ternopil; nennen wir sie einfach die Bandera-Bande. Es ist nicht so, dass man das als nebensächlich, als kleinen Unfall betrachten dürfte; den rechten Nationalisten begegnet man auf Schritt und Tritt, sie gehören in der Westukraine gewissermassen zur Grundausstattung der Politik.

Mit einem letzten Blick auf die Festung verlassen wir den Ort und fahren weiter nach Osten.

Letytschiw, eine der ältesten Ortschaften Podoliens, passieren wir ohne zu halten, obwohl es auch hier einiges zu sehen gäbe, u.a. überqueren wir hier wieder den zu einem grossen See aufgestauten Südlichen Bug.

Aber ich möchte mein Bein möglichst bald heil ins Ziel bringen. Deshalb folgen wir auch nicht dem Bug nach Winnyzja weiter Richtung Osten sondern zweigen nach Süden ab; den Wikipedia-Artikel über Winnyzja sollte man sich allerdings trotzdem zu Gemüte führen.


Wikipedia

Vom Südlichen Bug geht es nun auf einer fast durchgehend schnurgeraden Strassen bis zum Horizont und über Berg und Tal nach Süden an den Dnister, den Grenzfluss.

Kirche

Hotelsuche im Schlepptau der Polizei

In Mohyliw–Podilskyj landen wir per Zufall und viel zu früh an der Grenze. Im Stassenwirrwarr und mithilfe des GPS finden wir wenigstens die Polizeistationtion und fragen dort nach einem Hotel. Da setztet sich der junge Polizist in sein Auto und winkt. Wir hinterher und nach einmal Zick und einmal Zack stehen wir vor unserer Bleibe, dem Hotel Smaragd. Es ist wieder passierte: Die Polizei, Dein Freund und Helfer – in Griechenland, Bulgarien, Rumänien, hier in der Ukraine…

Und kurz vor Mitternacht ruhen wir dann nach gemütlichem Abendessen auf der Terrasse an der Strasse.

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