* Rund Europa 2019 (4), 16. Tag: Tulcea – Murighiol

Sonntag, 01.09.2019, 14:38:39 :: Murighiol, Hotel »Laguna Albastra«

Wir sind nun also da, wo wir schon letztes Jahr sein wollten: Am anderen Ende der Donau, nachdem wir im Mai endlich die Donauquellen im Schwarzwald erkundet hatten. Das ist aber eine andere Geschichte, die es wert ist, getrennt erzählt zu werden. Ein paar Fotos samt Erläuterungen sollen aber auch hier Platz finden.

Brigach …

… und Breg …

… bringen die Donau zuweg.

Wer welche Quellfluss-Schwester gefälliger präsentiert, das darf sich nun jede/r selbst raussuchen.

Hinein ins Delta

Tulcea verlassen wir jedenfalls am Morgen auf altehrwürdigem Kopfsteinpflaster – welche Gegensätze! Gerade verlassen wir eine pulsierende moderne Stadt, ein hochmodernes Hotel, nun fahren wir durch dörfliches Ambiente – nach nur wenigen hundert Metern.

Die Fahrt ist kurz, von Tulcea hinaus nach Murighiol, dem einzigen grösseren Ort, der mit dem Auto gut erreichbar ist aber möglichst weit im Delta liegt. Die Suche nach einer Unterkunft dauert deutlich länger. Wir bleiben in der »Alabaster-Lagune« hängen, scheint uns die beste Alternative.

Wir haben lange recherchiert und überlegt, denn eigentlich wollen wir ja nach Sulina, dem östlichsten Ort im Delta, dort am rumänischen »Point Zero«, wo die Donau endet und das Schwarze Meer beginnt. Auf der ukrainischen Seite hatte wir diesen Punkt des Kilija-Arms von Wylkowe aus am 15.09.2016 auf einer wunderschönen privaten Spritztour erreicht. Dasselbe wollten wir eigentlich auch auf der rumänischen Seite auf dem Sulina-Arm erleben. Aber eben – siehe oben.

Aber das wird nichts, Sulina erreicht man nur mit der Personenfähre, das Auto müsste dann zwei oder drei Tage irgendwo am Hafen in Tulcea stehen. Das ist uns zu riskant, auch wenn wir das wichtigste Gepäck mit aufs Schiff nehmen würden beziehungsweise ja müssten, wegen Übernachtung und so in Sulina. Ausserdem liegt der Nullpunkt in der Ukraine viel weiter östlich als der bei Sulina, das tröstet uns ein wenig.

Wir entschliessen uns, mit dem Senfle nach Murighiol zu fahren, dort eine Herberge zu suchen und uns eine Privatfahrt durch die Seen und Kanäle des südlichsten der drei Hauptmündungsarme, des Sfântu-Gheorghe-Arms, zu genehmigen. Dass das teuer wird, wissen wir …

Der Herr an der Rezeption bestätigt uns das und organisiert uns die 2 ½-stündige private Rundfahrt – für saftige 80 €, denn der zuständige Kapitän zu Donau und Schwarzem Meer könnte das Boot mit 8 – 10 Touristen beladen, von jedem 50 Leu kassieren, das sind dann die 400 Leu, die wir nun eben alleine berappen müssen. Morgen früh um 10 Uhr geht’s los …

Übrigens: Die kurze Autofahrt ins Delta ist erhellend und zeigt uns mal wieder deutlich, dass man eine Landschaft einfach gesehen haben muss, GoogleEarth und Bilder hin oder her, um sie zu kennen, zu begreifen, was sie bedeutet, für die Menschen, die hier leben.

Die Strasse führt am südlichen Rand des Deltas nach Südosten, über Steppe und Sandhügel, vorbei an Sonnenblumenfeldern auch hier – nur die Walnussbäume, die werden weniger gegenüber drüben auf der anderen Donauseite in Moldavien.

Und wir sehen wieder viele, mittlerweile aber verlassene Storchnester. Sie fehlten freilich in der Steppe zwischen Balţi und Cahul völlig – Frösche in der Steppe, es wäre mehr als ungewöhnlich.

Wenige Ortschaften, viele Kirchen

Es sind nur wenige Orte, die wir passieren. In Nufăru ist Sonntagsgottesdienst, das Portal ist offen, aber eine die ganze Fläche abdeckende Fliegennetztüre verwehrt ungebetenen Gästen den Zugang; so auch mir mit meinen kurzen Hosen …

Nufăru ist eine Gemeinde im rumänischen Kreis Tulcea, die als kurzlebige antike Hauptstadt der Kiewer Rus, Pereyaslavets [1], bis 1968 Prislav genannt wurde. Sie besteht aus vier Dörfern: Ilganii de Jos, Malcoci, Nufăru und Victoria (früher Pârlita).

Englische Wikipedia

Sachen gibt’s. Ich wundere mich mal wieder bei der Nachrecherche, wie wenig man doch weiss. Und ich denke, diese Information hat Bedeutung, wenn man Osteuropa verstehen will.

Da kommt der folgende neue Lesestoff von gestern Abend gerade richtig:

Johann Michael Möller: Der Osten – Eine politische Himmelsrichtung

Mit großen Hoffnungen und Erwartungen blickten vor dreißig Jahren die Osteuropäer auf die westliche Welt, und auch der Westen begann, seine östlichen Nachbarn wiederzuentdecken. Heute ist von dieser Aufbruchsstimmung kaum noch etwas zu spüren. Auf beiden Seiten wird inzwischen eher das Trennende als das Verbindende registriert. Sieht der Osten, den man einst mit offenen Armen empfing, überhaupt noch eine positive Zukunft in der Brüsseler Union? Und umgekehrt: Hat der Westen die Geschichte und Prägung Osteuropas jemals ernsthaft zu verstehen versucht?

Verlag zu Klampen, 248 Seiten, € 22,00

Anmerkung von mir: Gibt’s auch für knapp 15 € als eBook.

Wenn ich daran denke, dass wir die letzten Tage durch Gagauzia gefahren sind, dem autonomen Teil Moldawiens und fast nur russische Speisekarten etc. gesehen haben – es ist wirklich höchste Zeit, die Realität zur Kenntnis zu nehmen.

Die Donau …

… bekommen wir dann zuerst in Mahmuda so recht nah zu Gesicht. Eine einladende Bleibe finden wir allerdings nicht.

Erst in Murighiol schlagen wir dann nach einigem hin und her und Zaudern zu, allerdings nur für eine Nacht, morgen früh vor unserem Start auf den Fluss müssen wir unser 2-Zimmer-Apartment räumen.

Der Nachmittag vergeht wie im Flug: Es gibt ein immer gut besuchtes Restaurant, ein Schwimmbad …

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