* Rund Europa 2019 (5), 4. Tag: Russe – Nova Zagora

Freitag, 06.09.2019, 17:36:09 :: Nowa Sagora (auch Nova Zagora), Hotel Rio
Freitag, 10.01.2020, 15:16:55 :: Naxos

Heute in Nova Zagora im Hotel Complex RIO zu landen, war nicht unser Ziel. Vielmehr wollten wir heute nach viel Vorbereitung und unter Fernhilfe unseres bulgarischen Freundes aus Naxos (der von dort stammt) im zweiten Anlauf endlich Weliko Tarnovo erreichen und erkunden, nachdem das im September 2016 nicht geklappt hatte (der Beitrag hierüber ist noch gar nicht geschrieben …). Damals fanden wir trotz intensiver Suche keinen Parkplatz in der völlig mit Touristen überschwemmten Stadt.

Pech gehabt

Heute sind wir wieder Pechvögel. Am 6. September ist heiliger nationaler Feiertag, an dem die Vereinigung Ostrumeliens mit dem Fürstentum Bulgarien landesweit gefeiert wird:

… Als langfristiges Ziel wurde die Bildung einer Konföderation aller Balkanstaaten verfolgt. Wegen der begrenzten Mittel entschied man sich jedoch, zunächst einen Aufstand in Ostrumelien zu wagen. Die Vorbereitungen für einen Aufstand wurden inoffiziell auch vom benachbarten Fürstentum Bulgarien unterstützt. Als Stichtag legte das BGZRK den 6. September 1885 fest. …

Wikipedia

Das war europäische Grossmachtpolitik auf dem Balkan: Russland zurückdrängen, die Hohe Pforte nicht verärgern beziehungsweise nicht zu sehr schwächen, einfach neue Staaten zu gründen beziehungsweise anzuerkennen und ein deutscher Battenberg mittendrin – all das findet so oder ähnlich auch heute noch statt.

Kein Wunder also, morgen hätten wir leicht ein Hotelzimmer in Veliko Tarnovo haben können, heute sei alles ausgebucht erklärt die Dame an der Rezeption des zweiten Hotels, in dem Lis vorstellig wird.


Veliko Tarnovo, da oben …

Hotelsuche auf Bulgarisch

So fahren wir ein weiteres und wohl auch das letzte Mal unverrichteter Dinge aus Veliko Tarnovo los, das alle so loben. Aber um ehrlich zu sein: Die Stadt müsste touristenfrei sein, um sie unbeschwert durchstreifen zu können …


Veliko Tarnovo: Durchfahrt …


… durch eine ausgebuchte Sehenswürdigkeit

Was also tun? Auf dem Weg nach Süden liegen zwei Hotels, jeweils am See, da schauen wir doch glatt vorbei. Allerdings erweist sich das erste als schlecht bewohnbar.


Das war wohl mal ein Hotel

Und das zweite an der zum Schrebtschewo-See aufgestauten Tundscha, ist wie zuvor Tarnovo komplett belegt; hier sind es wohl die Angler …

Aber dann eben in Nova Zagora: Nach einigem Suchen und Dranvorbeifahren identifizieren wir schliesslich dead Gebäude Complex RIO als ein Hotel und obwohl wir es immer noch sehr skeptisch von aussen betrachten – unten ist eine recht schmuddelige Pommesbude untergebracht – ist aber dann das Zimmer für 54 Leva (knapp 28 €) völlig ok..

Wie war die Fahrt?

Zunächst sind wir froh, als wir Russe hinter uns gelassen haben und wieder das weite Land sehen mit den endlosen Feldern, schüchterner Walnussbaumbegleitung am Strassenrand, weit wellenden Hügel. Die Dörfer aber kommen uns trauriger und viel ärmer vor, als in Rumänien, wo die Häuschen links und rechts meist irgendwie renoviert und freundlich wirken. Hier in Bulgarien ist so gut wie nichts in einigermassen gutem Zustand.

Die Häuslein geduckter, viele zerfallen, grau-braun alles, kaum einmal Farbe, wenig Grün oder gar bunte Blumen, es ist deprimierend. Wir können es sehen, dass Bulgarien das ärmste der EU-Länder ist. Einzig fällt immer wieder der osmanische touch bei vielen Häusern auf: Die Dächer, die Bogen, die weiten balkonartige Erweiterung des Wohnbereichs im ersten Stock …

Die Strecke über das Balkangebirge …

… ist eine echte Mörder-Strecke.


Wikipedia

Viele LKWs und rücksichtslose PKW-Fahrer. Eine erhebliche Zahl der bulgarischen Autofahrer fährt risikoreich, gefährlich und rücksichtslos, das ist die Erfahrung mehrerer Jahre, sie übertreffen subjektiv alle anderen Europäer. Das verbietet ein entspanntes Fahren.

Allerdings stelle ich bei der Durchsicht der Fotos vom Tage fest, dass wir mal wieder mit blinden und verdreckten Scheiben unterwegs waren. Der Fahrer hat am Morgen vergessen, die Reinigung zumindest der Frontscheibe ordnungsgemäss durchzuführen; entsprechende Schleier sind auf den Fotos, manche sind gar nicht zu gebrauchen. Blöd: Der Fahrer bin ich …

Feierlichkeiten in Nova Zagora?

Ich hatte oben ja geschrieben, dass der Tag landesweit gefeiert wird – 1885 und so weiter. Hier in Nova Zagora ist aber Fehlanzeige, aber völlig. Wir gehen auf dem Hauptplatz zum Essen, wo zwar ein wenig müder Betrieb ist, aber Feierlaune ist nicht zu erkennen, samstäglicher Alltag eher. Und ich bin davon ausgegangen, dass gerade hier, in Ostrumelien, die Feierlaune besonders gross sein müsste. Ok., dafür ist es ruhig, wir können bei offenem Fester schlafen, das Fliegengitter sperrt die gierigen Gespenster aus.

Der Gegensatz zwischen hier in Nova Zagora und Russe oben an der Donau gestern Abend kann aber kaum grösser sein. Während Russe seine Innenstadt prächtig renoviert und aufgeräumt präsentiert, mit Jugendstilhäusern, palastartigen Geschäftshäusern, wirklich vielen Geschäften, Cafés und Restaurants, fällt mir hier die Armut Bulgariens wieder deutlich auf; alles wirkt trostlos – selbst bei feurigem Sonnenuntergang und quietschbuntem Stadtlogo.

Einzig der Springbrunnen, der kräftig nach Chlor riecht, hat eine gewissen Entsprechung mit den Fontänen gestern Abend in Russe. Ja, Bulgarien ist das ärmste der EU-Länder und es wird darin nur noch von Moldawien »überboten«.


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