Freitag, 15.04.2022, 11:23:09 :: Naxos
Seit 50 Tagen tobt nun dieser unsinnige Krieg in der Ukraine. Viel Lüge, viel Weglassen in der Presse, das, was der Wahrheit nahe kommt, muss man suchen. Hier ist ein Bekenntnis und ein wichtiger Link, die ich beide einfach übernehme und kommentarlos wiedergebe – und stört Euch nicht an der fehlenden Gross/Klein-Schreibung:
es vergeht eigentlich kein tag, wo ich nicht – auf welcher ebene auch immer – als putin-troll, kreml-agent, putinfreund oder wahlweise bezahlter russischer propagandist diffamiert werde. nicht nur in social media. ich habe beispielweise letzte woche strafanzeige erstattet gegen einen rufmörder, der in den letzten wochen sehr aktiv via email diffamierungen und übleres verbreitet.
das alles, dieser kindergarten und diese lappalien, sind freilich nichts gegen die leiden der menschen, die aktuell in einer furchtbaren situation mitten im krieg versuchen, zu überleben. es geht ihnen genauso wie den menschen zuvor in syrien, davor in libyen, davor im irak usw. – ALL dieses leid hätte problemlos verhindert werden können. auch (und vor allem!) von deutschen regierungen.
es mag sein, dass manch einer irgendeinen geistigen erguss von mir erst kürzlich las. fakt ist aber, ich bin seit vielen jahren sehr aktiv und schreibe über (geo-)politik. AUCH und vor allem im zusammenhang mit russland, mit der ukraine, mit der nato. nein, ich werde dafür nicht vom kreml bezahlt, im gegenteil. ich tue das aus anderen beweggründen. und die erlaube ich mir, kurz darzustellen. einfach, weil oberflächliche menschen hier ebenso vorschnell (ver-)urteilen, wie nach der durchschnittlichen tagesschau.
ich setze mich nicht für russland ein. ich setze mich für die wahrheit ein. für vernunft. für historische fakten. für den frieden. für differenzierte bewertung – WENN man schon „werten“ muss. leider ist die mehrzahl aller menschen um uns herum sowohl geopolitisch, als auch historisch völlig ungebildet, vor allem aber völlig uninteressiert – aber WERTEN, das können sie alle. schnell und laut. und alle, die nicht konform gehen, alle die keine tagesaktuelle HALTUNG zeigen, sind der feind.
nein, ich bin kein putin-verehrer. das verkennen leider viele. ich habe seit jahren freunde in russland, in moskau. aber auch in der ukraine. sowohl in lugansk, als auch in kiew. aber ich bin ein putinversteher. ich VERSTEHE die russische außenpolitik und kann sie nachvollziehen.
einfach, weil ich sie seit über 30 jahren interessiert verfolge. meine mit ca. 10 lebensjahren ersten, selbst gekauften bücher (sehr zum leidwesen meiner oma, die sie nicht nur finanzierte, sondern auch eine schlesische vertriebene war), waren dicke wälzer über militärgeschichte, über die bewaffnung des warschauer paktes, über russische geschichte (die auch die geschichte der ukrainer und aller nachbarstaaten ist). ich kann die gründe dieses krieges und das handeln russlands NACHVOLLZIEHEN. ich liebe davon abgesehen die russische mentalität (die die gleiche wie die ukrainische ist, schließlich handelt es sich um ein und dasselbe volk), ich bin mit russischen märchen, russischen sagen und russischer geschichte aufgewachsen.
etwas zu verstehen bedeutet noch lange nicht, sich damit gemein zu machen. ein fakt, der vielen „bildungsbürgern“ hierzulande fremd ist. dass „verständnis“ nicht „zustimmung“ oder „akzeptanz“ bedeutet – diese semantische klarstellung scheint wichtig zu sein: putin zu „verstehen“ heißt keinesfalls automatisch, ihm zuzustimmen.
daneben verweigere ich mich schon immer einer simplen scharz/weiß-sicht der welt. einer aufgezwungenen rollenverteilung in gut und böse. denn je boshafter, hitlerartiger ein putin (oder wahlweise ein assad oder ein gaddafi) in den medien porträtiert wird, desto wichtiger wird ein nüchternes und realistisches verstehen – nicht durch psychologisierende spekulation über eine person, sondern durch politische analyse, nicht durch einseitige ideologie, sondern durch ein möglichst objektives erkennen der lage.
das vorweg. verzeiht, wenn das schon wieder zu viel text war. aber seid gewarnt, es wird noch schlimmer.
verständnis, VERSTEHEN, setzt information und bildung voraus. die ist (wie zuvor in den kontexten syrien, libyen, irak, afghanistan, jugoslawien, usw.) aber bei den wenigsten unserer mitbürger vorhanden. noch viel weniger aber leider findet sich da: ECHTES INTERESSE.
und die wenigen, die über letzteres verfügen, bekommen informationen seit neuestem im FREIEN westen: zensiert. indem man einfach *die andere seite* aussperrt, ihre medien zensiert, verbietet, versucht man, einseitiger propaganda zum sieg zu verhelfen. vor allem aber versucht man es menschen, die noch interessiert sind, unmöglich zu machen, KONTEXT herzustellen. einfach weil dann gefahr bestünde, dass narrative bröckeln.
nun versuchen diese rolle vereinzelt irgendwelche (oft selbsternannten) gelehrten zu übernehmen. in vielen sozialen medien. deren informationen, texte und hintergründe sind freilich oft nicht wirklich papa-kombatibel. papa, der mit der 20:00-tagesschau aufwuchs, die ihm (ebenso wie der spiegel und die faz am sonntag) seit jahrzehnten vermittelte, WIR seien die GUTEN.
all diese zeilen hier dienen nichts anderem als euch dazu zu bekommen, diesen text, dieses unten verlinkte interview zu lesen. es ist das beste, was mir in den letzten wochen zum thema ukraine untergekommen ist. sachlich, fundiert, faktenreich. vor allem aber kommt es von jemandem, den papa schwerlich als *schwurbler* oder gar *putinversteher* abtun kann.
JACQUES BAUD ist schweizer militärexperte: das ist die kurzform. hier die längere: er ist ehemaliger schweizer strategischer analyst mit den schwerpunkten geheimdienst und terrorismus.
👉 bis 1990 war er für den schweizer geheimdienst tätig. verantwortlich für den warschauer pakt und alles östlich des eisernen vorhangs.
👉 1995 war er aufgrund seiner afrika- und minenkenntnisse beim hohen flüchtlingskommissar der uno in zaire, um ethnische säuberungen zu verhindern.
👉 ab 1997 baute er im auftrag der uno ein projekt zur bekämpfung von antipersonenminen auf.
👉 2002 wechselte er ins schweizer zentrum für internationale sicherheitspolitik (cpsi).
👉 2005 wurde er wieder von den vereinten nationen beauftragt. diesmal leitete er das multidisziplinäre geheimdienstzentrum (joint mission analysis center (jmac)) der mission der vereinten nationen im sudan.
👉 von 2009 bis 2011 wurde er als chief of policy and doctrine des office of military affairs des department of peacekeeping operations (dpko) nach new york berufen.
👉 2011 wurde er von der afrikanischen union zum leiter der forschungsabteilung des international peace support training center (ipstc) in nairobi (kenia) berufen.
👉 zuletzt berief ihn die nato zum leiter der abteilung „kampf gegen die verbreitung von kleinwaffen und gegen minen“ der abteilung „politische angelegenheiten und sicherheitspolitik der nato“ in brüssel.
lange vorgeschichte. wer es bin hierhin geschafft hat, schafft sicher auch dieses interview, dessen informationen die basis JEDER auseinandersetzung und debatte mit dem krieg in der ukraine sein sollten:
👉 Schweizer Militärexperte diagnostiziert die Lage in der Ukraine
teilt ihn gern, verschickt ihn, postet ihn, denn: wenn die wahrheit zu schwach ist, sich zu verteidigen, dann muss sie zum angriff übergehen.